Prof. Birgit Högl:

„7 bis 9 Stunden Schlaf sind schon notwendig“

Tirol
10.11.2019 13:00

Professor Birgit Högl von der Universitätsklinik Innsbruck ist eine der renommiertesten Schlafforscherinnen auf der ganzen Welt. Die „Krone“ traf die Neurologin vor den Tiroler Gesundheitsgesprächen. „Schlafen ist essenziell für die Gesundheit“, sagt Prof. Birgit Högl.

Der Schlaf wurde lange zeit unterschätzt“, sagt Prof. Högl. Doch dank der Arbeit der Schlafmediziner und Schlafforscher konnten in diesem Bereich in den vergangenen Jahren viele Fortschritte erzielt werden. „Heute wissen wir: Schlafen ist essenziell für die Gesundheit“, sagt Högl stolz. Zu Recht, ist und war auch sie maßgeblich an dieser Entwicklung beteiligt. Seit 1999 leitet sie nämlich das Schlaflabor an der Innsbrucker Neurologie. Prof. Högl ist selbst eine weltweit anerkannte Expertin für unterschiedlichste Schlafstörungen, wie für das Restless-Legs-Syndrom (RLS) oder die REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD). Mit Beginn des Jahres wurde sie zur Professorin für Neurologie mit Schwerpunkt Schlafmedizin berufen.

Richtige Temperatur, dunkel und leise
Mittlerweile ist auch erwiesen, dass der Mensch zwischen 7 und 9 Stunden Schlaf pro 24 Stunden benötigt. Dabei kommt es natürlich auf die Qualität des Schlafes an. Hier spielt auch eine wichtige Rolle, in welcher Umgebung man schläft. „Dabei ist wichtig, dass es dunkel ist, dass die Temperatur passt (weder zu kalt, aber schon gar nicht zu warm) und dass natürlich kein Lärm ist“, sagt die Expertin, die auch Präsidentin der Weltschlafgesellschaft – World Sleep Society WSS – ist. Vor allem für Schichtarbeiter kann das ein Problem sein: Es ist wider die Natur, am Tag zu schlafen. „Es ist Grund wider der menschlichen Natur, nachts arbeiten und am Tag schlafen zu müssen. Da kann man Probleme mit seiner inneren Uhr bekommen“, erklärt Högl.

16 Stunden kein Schlaf: Beeinträchtigungen!
Wie lange ein Mensch gänzlich ohne Schlaf auskommt, wurde nicht erforscht. „Frühere Untersuchungen bei Ratten haben aber gezeigt, dass letztlich der Tod eintritt“, weiß die Expertin. Bei Menschen treten bereits nach 16 Stunden ohne Schlaf die ersten Beeinträchtigungen der Performance auf, sprich, Teile des Gehirns schalten von sich aus in den Schlafmodus um. „Durch Schlafentzug kommt es zu Beeinträchtigungen der Aufmerksamkeit sowie des Sprachflusses und das Treffen von Entscheidungen wird verändert, das Gedächtnis wird beeinträchtigt“, weiß Prof. Högl. Chronischer Schlafentzug führt zu Stoffwechselproblemen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erhöht das Risiko für Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck – um nur einige zu nennen. Wenn jemand mehr als neun Stunden schläft, kann es auf eine andere Krankheit hinweisen und muss abgeklärt werden.

Sechs Gruppen von Schlafstörungen
Es gibt sechs große Gruppen für Schlafstörungen: 1. Erkrankungen, bei denen die Schlaflosigkeit im Vordergrund steht. 2. Schlafbezogene Atmungsstörungen. 3. Erkrankungen mit erhöhter Einschlafneigung tagsüber. 4. Störung der inneren Uhr. 5. So genannte Parasomnien, dazu zählen Albträume und Schlafwandeln. 6. Schlafbezogene Bewegungsstörungen (zum Beispiel RLS – Restless Legs). Und was sollte man nun machen, wenn man regelmäßig schlecht schläft? „Zuerst die Hausärztin oder den Hausarzt aufsuchen, die können gut einschätzen, wie dann weiter vorzugehen ist. Wobei nicht jeder, der schlecht schläft, in ein Schlaflabor muss. Oftmals braucht es noch andere Untersuchungen davor“, betont die Expertin.

Pro Jahr 4000 Personen im Schlaflabor
Apropos Schlaflabor: Alleine in Innsbruck werden pro Jahr 4000 Personen ambulant und stationär behandelt. Eines ihrer Spezialgebiete ist die REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD). Dabei werden die Träume der Patienten in einfache oder auch komplexe Bewegungen während des Schlafes umgesetzt. Die RBD kann ein früher Hinweis auf eine neurodegenerative Erkrankung sein. In aktuellen Forschungsarbeiten wird derzeit geklärt, wie die Erkenntnisse zu RBD die Diagnose von bestimmten Formen der Demenz oder Parkinson verbessern.

Vor allem die interdisziplinäre und internationale Zusammenarbeit ist Birgit Högl ein großes Anliegen. Schon während ihres Studiums und ihrer ersten praktischen Tätigkeit in München entdeckte sie ihre Begeisterung für das Fach Neurologie. Ein Forschungsstipendium des „Deutschen Akademischen Austauschdienstes“ brachte Birgit Högl zunächst nach Südamerika. Sie verbrachte mehrere Jahre in Buenos Aires, wo sie im Rahmen eines „Movement Disorders Fellowship“ zum ersten Mal mit der Arbeit im Schlaflabor in Kontakt kam. Über das Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München führte ihr Weg dann schließlich 1999 nach Innsbruck.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Tirol



Kostenlose Spiele