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Grubinger: „Kunden können ein Zeichen setzen“

Salzburg
10.11.2019 11:44

Erinnern Sie sich? Im Jänner 2018 erklärte uns die damalige türkis-blaue Regierung wortreich, dass man sehr glücklich sei, mit Niki Lauda eine „österreichische Lösung“ für die Teilübernahme der Pleite gegangenen AirBerlin gefunden zu haben. Die rechtsnationale Regierung wollte - wieder einmal - die Patriotenkarte spielen. Knapp 2 Jahre später wissen wir: es war eine Lösung, die nur einen Sieger und viele Verlierer kannte. Denn nur wenige Monate nach der huldvoll verkündeten „Österreich-Lösung“ übernahm die irische Ryanair die Anteile von Niki Lauda. Ein Schelm, wer es wagt, dabei an einen fein kalkulierten Masterplan zu denken.

Die österreichische Lösung war nie eine - aber die damals politisch Verantwortlichen Sebastian Kurz (Bundeskanzler) und Norbert Hofer (Verkehrsminister) haben uns diesen Schmarrn trotzdem verkauft. Unter anderem aus diesem Grund baut die AUA jetzt mehr als 800 Arbeitsplätze ab. Und ziemlich sicher wird es auch betriebsbedingte Kündigungen geben müssen. Denn die eigentlich profitable AUA wird derzeit am Standort Wien in eine ruinöse Preisschlacht verwickelt. Billig-Airlines wie die Ryanair zerstören den Markt mit Kampfpreisen und verfolgen dabei nur ein Ziel: die Konkurrenten aus dem Markt zu drängen.

Doch dafür muss jemand einen Preis bezahlen. Und das werden - wie so oft, wenn der radikale Kapitalismus ohne Regeln und Kontrolle wütet - Mitarbeiter und Kunden sein. Billig-Airline Mitarbeiter werden zu unwürdigen Bedingungen in Ländern, die schwache Sozialstandards und Arbeitsrechte als Standortvorteil preisen, unter Vertrag genommen und europaweit eingesetzt. Von einem fairen Wettbewerb um Kunden in einem sozial-respektablen Marktumfeld kann also keine Rede sein.

Und so dreht sich die Abwärtsspirale weiter. Am Ende stehen AUA-Mitarbeiter auf der Straße, die verbliebenen Mitarbeiter werden am Standort Wien noch mehr unter Druck gesetzt, Standorte in Salzburg, Klagenfurt, Graz etc. werden systematisch abgewickelt, Mitarbeiter von LaudaMotion (Ryanair) arbeiten und fliegen zu ganz miesen Bedingungen, Passagiere schauen durch die Finger und Ryanair-Chef Michael O’Leary reibt sich als Einziger die Hände. Und wir Bürger wurden von der damaligen Regierung mit einer vermeintlich „österreichischen Lösung“ verschaukelt.

Was hätte man tun können? Zum Zeitpunkt des Einstiegs von Niki Lauda sicher genauer abklopfen, ob das für den Standort wirklich die beste Lösung war und ob nicht damals schon klar war, dass Lauda der gut bezahlte „Strohmann“ für O’Leary war.

Und heute? Warum im vereinten Europa Waren und Dienstleistungen beliebig verschoben werden können, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber regelmäßig im Sozialdumping-Wettbewerb unter die Räder kommen, bleibt ein wütend machendes Rätsel. Wo bleibt die Initiative der jetzigen Regierung für einheitliche europäische Arbeits- und Sozialstandards in dieser Branche? Hier kommt ein österreichischer Leitbetrieb unter die Räder und der öffentliche Aufschrei ist kaum wahrzunehmen. Wer stellt sich hinter die verunsicherten Mitarbeiter und zwingt die europäischen Mitgliedsländer endlich dazu, sich einheitlichen Regeln zu stellen. Dann wäre es mit den auch ökologisch völlig absurden Fantasiepreisen der Billiganbieter schnell vorbei.

Seit Jahren sieht man zu, wie EU-Mitgliedsländer (Irland, Großbritannien, Malta, Slowakei) massive Zahlungen aus Brüssel einkassieren, gleichzeitig Steuer und Lohndumping betreiben und damit andere Länder und deren Unternehmen in arge wirtschaftliche Nöte bringen. Das ist ein kranker und völlig unsolidarischer Ansatz und ist mit ein Grund, warum Bürgerinnen und Bürger diese Union nur als Wirtschaftsblock zugunsten der Unternehmen, aber nicht als ein europäisches Sozial- und Gesellschaftsprojekt sehen. Und letztlich liegt es auch an uns. Wenn es schon die Politik nicht hinbekommt, können wir Kunden ein Zeichen setzen. Einfach keine Flugtickets bei den Billig-Airlines kaufen. Das schmerzt Wirtschafts-Heuschrecken wie Ryanair-Boss O‘Leary am meisten.

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