Keine Strafen am Berg

Ein „Nein“ zu den Verhältnissen wie in Italien

Tirol
07.11.2019 15:00
Der Winter naht, die ersten Lawinenabgänge werden nicht auf sich warten lassen. Tirols Bergrettungschef Hermann Spiegl warnt vor „italienischen Verhältnissen“ nach Unglücken auf den Bergen.

Mit „italienischen Verhältnissen“ meint Spiegl die spezielle Gesetzeslage jenseits des Brenners, nach der Alpinisten, die eine Lawine ausgelöst haben, vor dem Staatsanwalt stehen – selbst, wenn überhaupt niemand zu Schaden kam.

„In Italien, damit natürlich auch in Südtirol, wird von einer abstrakten Gefährdung ausgegangen“, informiert Rudi Mair, Leiter des Tiroler Lawinenwarndienst und Lawinensachverständiger. Eine Lawine hätte ja theoretisch jemanden verschütten können. Der Staatsanwalt klopft dann an die Tür

Keine Unfallmeldungen
Die Konsequenz davon: Nach Lawinenabgängen ohne Verschüttete oder Verletzte machen sich bei unseren Nachbarn Tourengeher in der Regel aus dem Staub. „Das geschieht fast fluchtartig“, weiß Bergrettungschef Spiegl unter anderem von seinen Südtiroler Kollegen. Kein Wunder: Niemand möchte gerne vom Staatsanwalt befragt werden. Spuren werden im wahrsten Sinn des Wortes verwischt, eine Meldung bleibt aus.

Die negativen Folgen für die Einsatzorganisationen: Sie suchen oft stundenlang Lawinenkegel ab, in denen sich keiner befindet. Viel Zeit von Freiwilligen wird vergeudet. Solche Szenarien will Spiegl für Tirol nicht und lehnt Strafen im freien alpinen Gelände ab.

Unabhängig von solch sinnlosen Leereinsätzen, die noch dazu Rettungskräfte blockieren, würden Strafen ohnehin nicht alle von Leichtsinn abhalten. „Patentrezept gibt es keines. Es ist unmöglich, alle Unvernünftigen abzuschrecken.“ Lediglich im organisierten Skiraum hält Spiegl Strafen für denkbar.

Dass Unverbesserliche die Bergretter bei Einsätzen in gefährliche Situationen bringen würden, stellt für ihn ebenfalls kein Argument für Strafandrohung dar. „Wir Bergretter sind ja nicht lebensmüde. Jeder ist exzellent auf einem Top-Niveau ausgebildet, ein Restrisiko gibt es immer und für jeden am Berg. Wenn wir einen Einsatz für zu gefährlich halten, rücken wir nicht aus. Das kommt vor.“

Der Bergrettungschef spricht sich einmal mehr für die Stärkung der Eigenverantwortung im alpinen Gelände aus.

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