Mäusekot und Schimmel

Listerien-Tote: Eklige Einblicke in Wurstfabrik

Ausland
29.10.2019 20:52

Wurst der deutschen Firma Wilke, die mit Listerien verseucht war, ist für mehrere Todesfälle verantwortlich. Das Gammelfleisch sorgt auch Wochen nach Bekanntwerden noch für Schlagzeilen, zuletzt etwa mit der Alarmmeldung, dass sich die Produkte des Herstellers auch noch auf Tiefkühlpizzen und in Konserven befinden könnten. Ein amtlicher Prüfbericht liefert jetzt zum ersten Mal wahrhaft eklige Einblicke ins Innere des mittlerweile geschlossenen Wurst- und Fleischwarenbetriebs.

Immer wieder hatte die Taskforce Lebensmittel des zuständigen Regierungspräsidiums Darmstadt Hygienemängel bei Wilke festgestellt, berichtete das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ unter Berufung auf die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch. Bereits 2013 hatte etwa Salami-Aufschnitt des Herstellers in sechs deutschen Bundesländern zurückgerufen werden müssen, weil in einer Probe Salmonellen gefunden wurden.

Die Kontrolleure attestierten Wilke für die Folgejahre ein „vollständiges Versagen des Eigenkontrollsystems“. Eine Auswertung des Betriebs habe demnach nun gezeigt, dass im Jahr 2018 die Hälfte der auf Keime untersuchten Fertigprodukte auffällig waren. Daraus seien aber keine ausreichenden Konsequenzen gezogen worden. Außerdem seien Empfehlungen aus früheren Kontrollen laut dem 30 Seiten langen Bericht teilweise nicht umgesetzt worden.

Kontrolleure machten Besichtigung des Grauens
Wie der „Spiegel“ weiter berichtete, fanden die Kontrolleure am 2. Oktober - einen Tag nach der angeordneten Schließung des inzwischen insolventen Betriebs - „ideale Bedingungen für eine persistierende Ansiedlung, Vermehrung und Verbreitung von Listerien“ vor. Dabei gebe es keine punktuelle Quelle der Keime, vielmehr müsse „der gesamte Produktionsbereich als großflächig kontaminiert angesehen werden“.

Besonders brisant: Vor der Kontrolle sei dem Geschäftsführer von Wilke mitgeteilt worden, dass sich die Todes- und Krankheitsfälle auf listerienverseuchte Wilke-Produkte zurückführen lassen. Der Geschäftsführer habe sich daraufhin „insgesamt uneinsichtig“ gezeigt und sich aus der Besprechung zurückgezogen, noch bevor der Rundgang durch den Betrieb begonnen habe. Die Staatsanwaltschaft Kassel ermittelt mittlerweile wegen fahrlässiger Tötung gegen den Mann.

Was die Kontrolleure im stillgelegten Betrieb von Wilke bemängelten:

Feuchtigkeit: Die Behördenmitarbeiter fanden tropfende Decken, nasse Böden und verunreinigte Maschinen, was dem Bericht zufolge zu Schimmel, Rost, Kalk und Schmutz führte. Kondenswasser sei „in offen stehende Produktionsmaschinen sowie offene Wannen und Waagen, die wiederum für offenes Fleisch vorgesehen sind“, gelangt. In einem Aufzug seien vergammelte Fleischsaftreste gefunden worden, beim Öffnen der Aufzugtür fiel „Verwesungsgeruch“ auf. Im Wareneingang wurde zudem ein schimmliges Kühlaggregat entdeckt.

Schädlinge: Die Kontrolleure fanden Mäusekot in einem Kühlraum, in dem Naturdärme für Würste auch offen gelagert wurden. In einem Gewürzlager ohne Fenster gab es Fliegen.

Unzureichende Reinigung: Bei der Kontrolle nach der Reinigung am Vortag fanden die Behördenmitarbeiter Bockwurstreste auf dem Boden eines Kühlraums und verschmutzte Geräte zur Wurstproduktion. Auch Reinigungsgeräte selbst seien verdreckt gewesen.

Mangelnde Instandhaltung: „Mitten im Hygienebereich befand sich ein Gerüst, um die Decke abzustützen“, schreiben die Kontrolleure zu einem entsprechenden Foto. In verschiedenen Räumen blätterte Deckenbelag ab, im Boden waren mehrere mit Wasser gefüllte Löcher entstanden.

Verbraucherschutz wirft Behörden Versagen vor
Fazit von Foodwatch: Die Vielzahl der Mängel erwecke „den Eindruck, dass eine hygienische Produktion in den Räumlichkeiten im beschriebenen Zustand gar nicht möglich war“. Auch die Behörden sind dabei in die Kritik geraten, denn den Verbraucherschützern zufolge hätten die Mängel auch bei früheren Kontrollen aufgefallen sein müssen - und hätten Konsequenzen nach sich ziehen müssen. Foodwatch wirft den Behörden unzureichendes und zu spätes Eingreifen vor.

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