Verhältnis zur Presse

Handke: „Ich hätte Fußtritte austeilen sollen“

Österreich
17.10.2019 17:42

Das Verhältnis des frischgebackenen Literaturnobelpreisträgers Peter Handke zu den Medien ist angespannt. Just in seiner Kärntner Heimatgemeinde Griffen sorgte er am Mittwoch für einen Eklat, als ihm die zahlreichen Fragen der anwesenden Journalisten zu lästig wurden und er das Gespräch abbrach. In einem anderen Interview nahm er auch Bezug auf den Journalistenandrang in seinem französischen Wohnort Chaville nach seinem Gewinn des Nobelpreises. „Im Nachhinein hab ich mir gedacht, ich hätte ein paar Fußtritte austeilen sollen“, sagte Handke. 

Im am Samstag geführten Interview, das die Zeitschrift „News“ am Freitag veröffentlicht, sagte Handke, dass er nach dem Anruf der Schwedischen Akademie am vergangenen Donnerstag zunächst einen vierstündigen Waldspaziergang absolviert hatte, ehe er auf die vor seinem Haus wartende internationale Journalistenschar traf.

„Mit Siegen hat Literatur nichts zu tun"
Während er sich über deren Fragen zumeist geärgert habe, erfahre er am Telefon viel Zuspruch: „Endlich geht es wieder um Literatur“, sagten jene, die ihn nun anriefen. „Manche sagen auch, das ist der Sieg der Literatur. Dann sage ich: Mit Siegen hat Literatur nichts zu tun.“ Er habe „überhaupt nicht“ mit dem Nobelpreis gerechnet, sagt Handke, „aus Gründen, die sie sicher ahnen können. Ich dachte, ich komme überhaupt nicht infrage.“

Handke steht wegen proserbischer Haltung in der Kritik
Für seine proserbische Haltung ist Handke erneut stark in Kritik geraten. Dass Salman Rushdie ihn einen Trottel genannt habe, dagegen scheint er jedoch nichts zu haben: „Da hat er ja recht.“ Das Werk von Olga Tokarczuk, der gleichzeitig verkündeten Nobelpreisträgerin des Jahres 2018, kennt er „überhaupt nicht, leider! Fast eine Schande von mir, dass ich so wenig lese, was heutzutag‘ geschrieben wird, weil ich kein rechtes Vertrauen hab.“

Bei den Salzburger Festspielen 2020 wird ein neues Stück über den jungen Tschechen Zdenek Adamec, der sich im Jahr 2003 18-jährig am Prager Wenzelsplatz aus Protest gegen „die Herrschaft von Angestellten, Geld und Machtmenschen“ anzündete, uraufgeführt. Es sei kein Auftragswerk für die Salzburger Festspiele, sagt Handke in dem Interview. „Die Festspiele haben es sich halt geschnappt. Es war ein schöner Streit zwischen Burgtheater und Salzburg.“

„Ich bin nur ein Pilzdepp“
Seinen Kärntner Landesorden trägt der Literaturnobelpreisträger „immer ans Gilet geheftet wie mein Großvater die Uhrkette. Leider weiß in meinem Kaff niemand, was er bedeutet.“ Im übrigen, so der Autor des Buches „Versuch über den Pilznarren“, gelte: „Ich bin kein Mykologe. Ich bin nur ein Pilzdepp.“

Handke-Nobelpreis: Schwedische Akademie verteidigt Entscheidung
Die Schwedische Akademie verteidigte unterdessen ihre Entscheidung, in diesem Jahr Handke mit dem Literaturnobelpreis auszuzeichnen. Der Österreicher habe provokante Kommentare abgegeben, aber nicht das Blutvergießen unterstützt. Damit reagiert die Akademie unter anderem auf Kritik von Überlebenden des Massakers von Srebrenica, die die Akademie aufgefordert hatten, die Auszeichnung zurückzunehmen.

In einem am Dienstag in der schwedischen Tageszeitung „Dagens Nyheter“ publizierten Artikel meldete sich Mats Malm, der Ständige Sekretär der Akademie, zu Wort. Handke habe „provokative, ungeeignete und unklare Kommentare in politischen Fragen“ gemacht, so Malm. Handke habe jedoch niemals das Blutvergießen glorifiziert und stattdessen das Srebrenica-Massaker klar verurteilt. „Die Akademie (...) hat nichts in seinem schriftstellerischen Werk gefunden, das eine Attacke auf die Zivilgesellschaft darstellt oder den Respekt für die Gleichheit aller Menschen infrage stellt“, schrieb Malm.

Die Akademie zitierte einen Artikel aus dem Jahr 2006 in der „Süddeutschen Zeitung“, in dem Handke sagte, Srebrenica sei „das schlimmste Verbrechen gegen die Menschlichkeit, das in Europa nach dem Krieg begangen wurde“.

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