Stark, tiefergelegt

VW T-Roc R: Kompakt-SUV mit Drang zum Gasgeben

Motor
18.10.2019 12:59

Verwirrendes Signal eines Konzerns, der Vorreiter der Elektrorevolution sein will: VW macht seinen kompakten Crossover T-Roc zum echten Sportwagen. Der T-Roc R hat einen Zweiliter-Turbobenziner mit 300 PS, Allradantrieb und einem Höchsttempo von 250 km/h.

(Bild: kmm)

An diesem neuen Volkswagen werden sich Gemüter erhitzen. Ein SUV, das zugegeben mit 4,23 Metern kein Stadtpanzer ist, das aber 300 Benzin-PS unter der kurzen Haube hat und - zumindest in Deutschland - die linke Spur der Autobahn mit 250 km/h rocken will. Eigentlich also ein Sportwagen. Noch dazu ist der T-Roc R mit knapp 50.000 Euro alles andere als ein Exot.

Angesichts dieser Daten fällt bei aller Technik-Faszination eine nüchterne Betrachtung nicht leicht. VW spricht von einem Crossover-SUV, vielleicht ein verbaler Trick zur Ablenkung und Kritik-Vorbeugung. Crossover bedeutet so etwas wie „übergreifend“, also die Kombination zweier Arten von Autos. Bei anderen Modellen dieses Genres steht der Begriff für eine Mischung aus Kombilimousine und SUV. Im Fall des T-Roc mischt sich noch ein Sportwagen in die Kreation. Drei in einem also. Wobei der Allradler optisch so gar nicht wie ein Krawallbruder daherkommt. Am deutlichsten ist der Sportler am steil stehenden Tagfahrlicht an den Seiten der beiden vorderen Lufteinlässe zu identifizieren, die beim normalen T-Roc von einem recht grellen LED-Band umrundet sind. Weitere sichtbare Attribute finden sich sehr dezent an Bug und Heck, wie zum Beispiel ein durchgehendes silbernes Chromband am Kühlergrill oder (gefakte) Luftauslässe am Hinterteil.

Im Innenraum das gleiche Bild, alles gleicht dem bekannten Ambiente des T-Roc. Digitaler Tacho, Drehschalter in der Mittelkonsole für die einzelnen Fahrprogramme, die durch einen „Race-Modus“ ergänzt wurden. Der Navi-Bildschirm mit Touchscreen-Technik aus dem VW-Baukasten für viele Modelle ist ebenfalls an Bord. Der Startknopf ändert das Vertraute, vermittelt per blubbernder Akustik an alle da draußen, dass hier ein ganz besonderer VW sprungbereit ist. Nicht aufdringlich, aber im Vergleich zur Laufruhe heutiger Autos ein hörbarer Beleg für das Thema Sport.

Dabei ist dieser T-Roc ebenso alltagstauglich wie seine zivilen Geschwister. Gute Übersicht dank SUV-typischer erhöhter Sitzposition, schnell hochschaltende Doppelkupplungsautomatik im Normal-, vor allem aber Eco-Betrieb. Dazu eine präzise Lenkung, die bei eher geruhsamer Fortbewegung erfreulich handlich ist. Zwei der „Crossover“-Zutaten können also schnell abgehakt werden. Familienfreundlich, wenn auch auf Grund der Außenmaße kein typisches Familienauto, dazu die Vorzüge des Erhabenen, was eine beachtliche Anzahl der Käufer immer wieder zum Erwerb eines SUV veranlasst.

Doch die teuer bezahlte Würze im Motorraum ist stets präsent, wenn auch eher im Kopf als beim Fahrgefühl der ruhigeren Art. Man könnte ja, wenn man denn wollte oder dürfte. Da locken im Geiste plötzlich der Nürburgring oder enge Bergauf-Serpentinen in den Seealpen, wo im Winter die Rallye-Boliden der berühmten „Monte“ um Zehntelsekunden ringen. Raus aus dem Alltag, den Drehregler auf Sport gestellt, in Gedanken den Helm übergestreift. Solche Kunden hat VW im Sinn, wenn der T-Roc mit dem Buchstaben „R“ geadelt wird. So ist es auch beim technischen Vorbild, dem Golf R.

Jost Capito, Chef der hauseigenen R-Sportabteilung nennt das Motto: „Wir bringen Emotionen in die Marke Volkswagen, ein Auto für den täglichen Bedarf mit stilbewusstem Understatement, das aber auch auf der Rennstrecke eine gute Figur macht“. Dazu musste der T-Roc einige Änderungen über sich ergehen lassen. Da die Basis nun mal ein hoher SUV ist, haben die Ingenieure ihrem Baby ein Sportfahrwerk spendiert, das sich um zwei Zentimeter tiefer über die Straße duckt. Um ein ähnliches Fahrgefühl wie im flacheren Golf R zu erreichen, musste die Abstimmung des ESP und der Doppelkupplung aufwendig angepasst werden.

Zwei nette zusätzliche Spielereien für das Spielzeug: Die Launch Control ermöglicht einen elektronisch gesteuerten Kavalierstart, ohne dass durchdrehende Räder schwarze Streifen auf dem Asphalt ziehen und so die Reifen schnell altern lassen. Das werden künftige Besitzer einmal ausprobieren, einmal der Herzdame vorführen und dann bald vergessen. Ähnlich der Race-Modus, in dem das ESP-ausgeschaltet werden kann. Jetzt kann der T-Roc auch Drifts, je nach Geschick beim Umgang mit Gaspedal und Lenkrad. Zudem dreht der Kraftbolzen die Gänge höher aus und bleibt dabei immer im idealen Drehmomentbereich, um den imaginären Rivalen der Rennbahn vor der nächsten Kurve auszubremsen.

Freizeitspaß für die PS-Jünger zu einem Preis, der deutlich unter den Kursen ähnliche potenter Edelmarken wie Audi SQ2 oder BMW X2 M liegt. Wobei natürlich die 44.490 Euro Basispreis für all jene zu happig sind, die ein Auto als Vehikel zur zeitgemäßen Fortbewegung und nicht als Sportgerät sehen. Außerdem locken in der Preisliste viele Details, die im Eintrittsgeld für den T-Roc R noch nicht mit drin sind. So kann sich der Spaß schnell auch der 60.000-Euro-Marke annähern. Allein das wird dafür sorgen, dass der T-Roc R keine Massenware ist, die die linke Spur der Autobahnen in Beschlag nimmt.

Unterm Strich bleibt bei Autos wie dem erstarkten Bestseller die Frage nach der Sinnhaftigkeit. Die Reise von VW soll in Richtung Elektro gehen, laut Konzernführung „ohne Wenn und Aber“. Da spielt der T-Roc R wohl die Rolle des „Aber“. Allerdings mit dickem Ausrufezeichen.

(SPX)

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(Bild: kmm)



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