Haft statt Hypercar

Betrug: Österreicher fährt mit Projekt Milan ein

Motor
06.10.2019 13:54

Böse gescheiterter Traum oder von Anfang an ein Luftschloss? Der Gründer des Sportwagenherstellers Milan ist wegen Betrugs verurteilt worden.

(Bild: kmm)

Supersportwagen sorgen überall zuverlässig für erhöhte Aufmerksamkeit - selbst wenn es sie noch gar nicht gibt. Immer wieder treten neue Kleinserienhersteller mit extremen Plänen und blumigen Versprechungen auf und sorgen für beschleunigten Pulsschlag bei Automobilliebhabern, obwohl sie nicht mehr als ein paar beeindruckende technische Daten und eine Computerzeichnung vorweisen können. Manchmal sind die so vorgestellten Supersportwagen und Luxus-E-Autos reine Träumereien, manchmal schaffen sie es sogar auf die Straße. In einigen Fällen steckt allerdings auch Betrug hinter den hochfliegenden Plänen.

Der Milan Red zählt zur letztgenannten Gruppierung. Im vergangenen Jahr ploppte das österreichische Hypercar erstmals im Netz auf: Ein extremer Keil, 1325 PS stark, mit 1400 Nm, über 400 km/h schnell und knapp zwei Millionen Euro teuer. 2,47 Sekunden von null auf 100 km/h, 9,98 Sekunden bis 300. Der 6,2-Liter-V8 mit vier Turboladern sollte von AVL stammen und die Kraft über ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe an die Hinterachse weiterleiten. Jede Menge Carbon, sogar in den Querlenkern, sollte das Gewicht gering halten.

Die Auslieferung der ersten der nur 99 geplanten Exemplare war für 2020 avisiert. Dazu kommt es nicht. Der 37-jährige Firmenchef ist nun vom Wiener Landgericht wegen schweren Betrugs zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Der Österreicher hatte prominente Interessenten für seinen Sportwagen einfach erfunden und mehreren Investoren so mehr als eine Million Euro aus der Tasche gezogen.

In welchem Verhältnis beim Milan übersteigerte automobile Sehnsucht und ernsthafte Betrugsabsicht nun genau standen, muss der Verurteilte wohl mit seinem Gewissen ausmachen. Die Staatsanwaltschaft hat gegen das Urteil Berufung angemeldet, es ist damit nicht rechtskräftig.

Veritas" als Lippenbekenntnis
Dass das Geschäft mit Traumautos kein einfaches ist, mussten aber bereits viele Hersteller erkennen, deren hochfliegende Pläne scheiterten. Nicht unbedingt aus bösem Willen. Zu den bekanntesten Beispielen unerfüllter Ambitionen zählt die Marke Veritas, benannt nach einer alten deutschen Sportwagenlegende. Zu Anfang des Jahrzehnts machte sie mit dem RS III, einem flachen und offenen Hypercar mit reichlich PS und extremen Fahrleistungen, Furore. Fahrfertige Prototypen gab es, die Serienproduktion wurde mehrfach angekündigt. Ob jedoch jemals ein Fahrzeug in Kundenhände gelangte, ist unbekannt. Seit 2014 ist es still um Veritas geworden.

Auch eine andere bekannte Revitalisierung scheiterte, bei der alten DDR-Sportwagenmarke Melkus. Mit dem RS2000 wollte Sepp Melkus, der Sohn des einstigen Begründers der Marke Melkus, den Ostalgie-Bonus nutzen und bot einen schicken Retro-Sportwagen an. Als Basis diente der Lotus Exige, der bei Melkus noch den speziellen Retro-Touch erhielt. 2010 ging die Produktion los, die Nachfrage nach dem 115.000 Euro teuren und bis zu 270 PS starken Sportwagen war allerdings gering. Letztlich wurden nur 18 Fahrzeuge verkauft. Ganz vorbei ist es mit Melkus aber nicht. Weiterhin kann man Neuaufbauten des Ur-Melkus kaufen.

Holger Holzer/SP-X

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(Bild: kmm)



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