Psychologe im Talk

Scheidung: „Elternebene von Paarebene trennen“

Leben
08.10.2019 07:00

Geht eine Beziehung zu Ende, leiden auch die Kinder. Psychologe Dr. Claus Koch im Interview.

Was geht in Kindern vor, deren Eltern sich trennen?
Bis auf seltene Ausnahmen leiden sie darunter. Die gemeinsame Anwesenheit von Mama und Papa gab ihnen Sicherheit und Geborgenheit, selbst dann, wenn sie deren Konflikte manchmal hautnah erleben mussten. Die meisten hoffen, dass ihre Eltern zusammenbleiben. Trennen sie sich, fühlen sie sich machtlos und haben häufig Verlustängste.

Warum beziehen Sprösslinge die Trennung auf sich?
Kinder, vor allem jüngere, können sich die Trennung ihrer Eltern einfach nicht erklären. Sie haben ihnen immer wieder versichert, wie lieb sie sie haben. Und jetzt zieht die Mama oder der Papa aus, und die Kinder empfinden es so, als würden sie von ihnen verlassen. Und bei der Suche nach einer Erklärung für etwas, das sie nicht verstehen oder nachvollziehen können, landen sie dann häufig bei sich selbst: „Vielleicht, weil ich immer so schlimm war.“

Was raten Sie Ehepartnern vor der Scheidung?
Wenn sich Eltern zur Trennung entschlossen haben, sollten sie mit ihrer Entscheidung den Kindern gegenüber offen und ehrlich umgehen, zumal diese es mit ihren feinen Antennen oft schon längst gespürt haben. Bevor einer von ihnen das Haus oder die Wohnung verlässt, müssen die Kinder darauf gut vorbereitet sein, am besten im Rahmen eines gemeinsamen Gesprächs, in dem man ihnen versichert, weiterhin immer gemeinsam für sie da zu sein. Wichtig ist dabei, die Elternebene von der Paarebene zu trennen. „Egal, ob wir uns noch verstehen oder nicht, wir wollen gemeinsam versuchen, unseren Kindern gute Eltern zu bleiben.“

Viele Eltern warten mit der Trennung, bis ihre Kinder älter sind.
Es gibt kein „passendes Alter“ von Kindern, um sich scheiden zu lassen. Natürlich lässt sich älteren Kindern besser erklären, warum man sich trennt, das mindert aber nicht ihren Schmerz. Sie stimmen den gut gemeinten Argumenten ihrer Eltern vielleicht zu, aber nur, um sich ihrer Liebe weiterhin zu vergewissern und aus Loyalität ihnen gegenüber. Kinder in der Pubertät und Jugendliche tun vielleicht so, als ob sie das nicht mehr betreffen würde: „War mir doch eh klar, dass ihr euch trennt.“ Aber auch ihnen macht die Trennung meistens etwas aus, weil sie dabei befürchten, einen Elternteil zu verlieren.

Kommentar von Kids-Coach Nina Petz:
Mein Mann und ich haben uns getrennt. Jetzt hat er eine neue Freundin und will sie unseren Kindern vorstellen. Ich habe Panik und bin wütend. Was, wenn die Kinder sie mehr mögen als mich?

Keine Sorge, Sie werden immer die Mutter Ihrer Kinder bleiben, daran wird kein Partner je etwas ändern. Sie werden immer die Frau sein, die sie zur Welt gebracht und mit vielen wunderbaren Erfahrungen für den Rest ihres noch jungen Lebens geprägt hat. Sicherlich kann ich mir vorstellen, dass es Sie schmerzt und ärgert, wenn sich Ihr Ex-Mann wieder neu verliebt. Auch weil es klingt, als wären da noch einige ambivalente, teils ungeklärte Gefühle bei Ihnen vorhanden. Ich kann Ihnen nur raten, mal über eine Psychotherapie nachzudenken. Diese kann Sie dabei unterstützen, die Trennung zu verarbeiten, Schritt für Schritt nach vorne zu blicken und zu lernen, „die Neue“ zu akzeptieren - auch zum Wohl Ihrer Kinder. Denn ein Konkurrenzkampf ist vollkommen unnötig und brächte nur Verlierer, da die Kinder die Spannungen unter den Erwachsenen natürlich hautnah mitbekommen und mitfühlen. Seien Sie unbesorgt, die Beziehung ihrer Kinder zur neuen Partnerin Ihres Ex kann nie mit einer Mutter-Kind-Beziehung verglichen werden!

Susanne Zita, Kronen Zeitung

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(Bild: kmm)



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