„Krone“-Kommentar

Zur Lage der Wiener Parteien

Wien
01.10.2019 06:01

Nach der Wahl ein paar Worte zur Situation der Parteien und möglichen Listen.

SPÖ: Visionslos, oftmals ohne Fantasie. Wien ist die lebenswerteste Stadt der Welt - ein schöner Aufdruck für ein T-Shirt, aber sicher nicht nur die Folgeerscheinung sozialdemokratischer Politik. Und sonst? Wien baut eine Mehrzweckhalle - lieb, aber zu wenig. Noch ein Beispiel für gelungene Politik gefällig? Am Tag nach der Wahl wird das Parken teurer. Wie heißt es in der SPÖ so schön: Für Wien brauchst a Gspür. Aber wo bleiben die Antworten auf die Zukunftsfragen? Wie will die SPÖ die Stadt verändern? Stattdessen: Bürgermeister Michael Ludwig eröffnet irgendetwas (Bildungscampus, Wiener Wiesn, Ottakringer Kirtag). Nach zwei Jahren Häupl-Nachfolgestreit, einem Jahr Vassilakou-Abschied und Wahlkämpfen in den Abgesangspausen stellt sich die Frage: Kommt in dieser Legislaturperiode noch etwas? Viele Jahre wurden verschenkt.

Grüne: Wer die Wahl letztendlich gewonnen hat, ist unklar. Werner Kogler? Greta Thunberg? Der heiße Sommer? Es zeigt sich aber: Die neue Vizebürgermeisterin Birgit Hebein lässt sich von der SPÖ auf dem Schachbrett der Wiener Kommunalpolitik nicht beliebig hin- und herschieben und setzt eigene Themen um (verpflichtender Abbiegeassistent für Lastwagen). Mit dem Erstarken am Wahlsonntag sind die Ökos für Ludwig ein noch mühsamerer Koalitionspartner geworden, durch den neuen Mut können sie aber auch ein Herzschrittmacher für den rot-grünen Patienten sein.

ÖVP: Wird immer mächtiger - trotz Wien-Bashing. Es ist kein Geheimnis: Ludwig liebäugelt mit Wirtschaftskammer-Präsident Walter Ruck als Vizebürgermeister einer rot-schwarzen (!) Rathaus-Koalition. Der türkise Bald-wieder-Minister Gernot Blümel hingegen würde in Wien knallharte Reformen einfordern, die Roten müssten aus ihrer Supermarkt-Eröffnungs-Gemütlichkeit ausbrechen. Und er will das Finanzressort. Gibt Ludwig aber nicht freiwillig her.

FPÖ: Identitätskrise seit Ibiza. Der neue Chef Dominik Nepp will von allem ein bisschen sein: einmal Hofer, dann Kickl, dann Strache. Dabei kommt so etwas heraus: „Was ist schlimmer: 0,1 Grad mehr im Sommer oder ein Bauchstich von einem Asylanten?“ Das Wahlergebnis war jedenfalls ein Knieschuss. Die Frage, ob nun Ex-Minister Herbert Kickl in der Bundeshauptstadt das Ruder übernimmt, zeigt die freiheitliche Verzweiflung und ist nur ein Gerücht aus der Strache-Ecke. Nepp muss die Partei verjüngen, ausmisten, H.-C.-Altlasten entfernen. Und ganz nebenbei: Wie wäre es mit Compliance-Regeln und - ja, wir wissen es, absurd - ein paar Inhalten?

NEOS: Wetterunabhängiger Erfolg. Christoph Wiederkehr fährt einen Aufdeckerkurs und kommt bei Kritik an Rot-Grün ohne Bauchstich-Vergleiche aus. Eine Oppositionspartei, die nicht der Hysterie verfallen ist. Seltenheitswert.

Liste Strache: Mit der Fußfessel ins Rathaus? Parteitag während der Besuchszeiten? Ob der Ex-Vizekanzler in Wien antritt oder nicht, ist irrelevant. Seit Ibiza und der Spesenaffäre ist Strache fürs Leben stigmatisiert. Geldgeber für eine eigene Partei wird er auch kaum finden. Es drohen: Stronach-Schicksal (nur ohne Reichtum) und Liste-JETZT-Desaster (mit noch weniger Inhalten). Strache kann Identitären-Stadträtin Ursula Stenzel auch gerne in die Bedeutungslosigkeit mitnehmen - sie weiß ohnehin nicht, wo sie ist.

 Peter Pilz: Wer?

Michael Pommer, Kronen Zeitung

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