Grazer Schauspielhaus

Toxisch, aber geil: „Die Leiden der jungen Wärter“

Steiermark
28.09.2019 18:31

Werther ist tot, lang leben die Wärter! Am Grazer Schauspielhaus überführen Nele Stuhler und Jan Koslowski Goethes einst so skandalumwitterten Briefroman als trashig-smarte Schmonzette in die Gegenwart. Auf der Bühne stehen Studierende des 3. Jahrgangs des Instituts für Schauspiel an der Grazer Kunstuniversität.

Werther war ein „sehr liebenswerter Wärter“ - darüber sind seine Kolleg*innen an der Akademie für Security-Personal sich einig. Doch Werther „ist nicht mehr“ - eines Tages ist er einfach bei der Tür hinaus. Und so geben sich nun alle dem „Roman-Tick“ hin und sehnen sich - nach ihm und nach der Liebe im Allgemeinen.

In schwindelerregenden Wortstrudeln umkreisen Nele Stuhler und Jan Koslowski in ihrer „goetheschen Schmonzette“ die Themen des Klassikers und drehen ihn in die Gegenwart weiter: Denn das Begehren - schon zu Goethes Zeiten ein komplexes Konglomerat aus unzügelbaren Trieben und zügelnden Regeln der Moral - erstreckt sich heute in den digitalen Raum und ist unübersichtlicher denn je.

Mit vollem Karacho in den Strudel
Das Ensemble der Kunstuni-Studierenden wirft sich mit vollem Karacho in diesen Strudel. Nicht einmal die Grenzen zwischen den Geschlechtern sind hier noch klar zu definieren: Wilhelm ist eine Frau (Carmen Kirschner), Lotte gar doppelt besetzt (Nataya Sam und Romain Clavareau) und mit High-Heels, Make-up und Minirock schmücken sich längst schon alle Wärter-Anwärter (Patrick Firmin Bimazubute, Paul Enev, Alina Haushammer, Fanny Holzer, Ioana Nitulescu und Mia Wiederstein).

Ein trashiger Theaterabend
Das Resultat ist ein lauter, trashiger und überzogener Theaterabend, der zugleich smart und pointiert ist: Goethes literarische Selfies in Briefform nehmen Stuhler und Koslowski als Ausgangspunkt für eine stürmisch drängelnde Bestandsaufnahme des Begehrens in Zeiten von sexueller Dauerverfügbarkeit, körperlicher und geistiger Selbstoptimierung und Kommerzialisierung von Liebe. Fazit: „Toxisch, aber geil!“

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