„Der Kronprinz“

Ex-ÖVP-Landesrat Gerhard Hirschmann ist tot

Steiermark
28.09.2019 20:25

Klug, begabt, eloquent, streitbar, ein besonderer Intellektueller halt - Gerhard Hirschmann, Politiker, Vordenker der steirischen ÖVP, ist nicht mehr. Er ist Freitagabend, im 69. Lebensjahr, auf der Bahnfahrt von Wien nach Graz einem Herzinfarkt erlegen.

Gerhard Hirschmann war niemanden in diesem Land „wurscht“. Er löckte gegen den Stachel, oft, und mit sichtlichem Vergnügen. Konfrontation? Gerne, immer wieder, mit Feind und besonders mit Freund. Legendär seine geschliffenen, kritischen Kommentare.

Ob zu Landesbeamten - „50 Prozent kannst einsparen, ohne, dass es wer merkt“ - oder zur aufgeblasenen Legislative - Abschaffung der Landtage -, was er sagte, hatte Gewicht. Und brachte dem unruhigen Geist nicht nur Freundschaften. Was den sehr Sensiblen, der er hinter der oft als zynisch empfundenen Fassade war, immens schmerzte. „Aber da muss ich durch, für die Sache“, hörte der Schreiber dieser Zeilen nicht nur einmal ...

Schillernde Persönlichkeit, spannender Werdegang
Hirschmann war eine schillernde, spannende Persönlichkeit, wie auch sein Werdegang. Aus dem oststeirischen Gnas kommend, studierte er Jus und Theologie, die Begegnung mit Alt-Landehauptmann Josef Krainer sollte die Zukunft prägen. Krainer erkannte Geist, Talent, Engagement. Zuerst installierte er Hirschmann als Leiter des Afro-Asiatischen-Institutes, dann als Geschäftsführer des „Modells Steiermark“, legendäre Denkwerkstatt der Schwarzen. Mutige, revolutionäre Gedanken in muffigem, verstaubten Umfeld, das Modell veränderte die Politik.

Politischer Aufstieg
Dann der (politische) Aufstieg: Parteisekretär, Klubobmann, Landesrat - Sport, Personal, Kultur, Tourismus. Da schuf Gerhard Hirschmann die nächste Marke, das Event-Land Steiermark. Dass der Formel-1-Grand-Prix ins Land zurückkehrte, die Winter-Weltcups, die Großkonzerte von Rolling Stones bis Bon Jovi: alles Hirschmann. Oder Kunsthaus, Kulturjahr 2003, ebenfalls alles Hirschmann. Natürlich hat’s auch Rückschläge gegeben - die wild umfehdete (und gescheiterte) Olympia-Bewerbung etwa.

Ein Knick dann 1995. Die Zusammenlegung von Nationalrats- und Landtagswahl - die Hirschmann präferiert hatte - brachte schwere Verluste. Krainer trat noch in der Wahlnacht zurück, wollte seinen Kronprinzen an die Spitze hieven, doch Hirschmann zögerte - aus privaten Gründen. Er schlug Waltraud Klasnic vor, die sich zur beliebten Landesmutter stilisierte. Mit deren Umfeld konnte und wollte der brillante Rhetoriker nicht mehr, verabschiedete sich in Richtung Vorstandsetage des Landesenergie-Unternehmens EStAG.

Eigene Liste
Was dann folgte, ist Landesgeschichte: Auseinandersetzungen mit Wirtschaftslandesrat Herbert Paierl - der danach ebenfalls seinen Posten räumen musste - und der Bruch mit der Partei. 2005 kandidierte Hirschmann ohne Erfolg mit einer eigenen Liste, die ÖVP-Funktionäre punzierten ihn als „Verräter“. Erst viele Jahre später brachte Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer eine Versöhnung zustande.

Den Lungenkrebs, der ihn vor drei Jahren heimsuchte, konnte Hirschmann mit viel Kraft bezwingen, der große Freundeskreis freute sich. Umso überraschender der plötzliche Tod. Ein Großer der Steiermark ist nicht mehr, das Land wird ihn vermissen ...

Gerhard Felbinger
Gerhard Felbinger
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