Schauspielhaus Graz

„Vernon Subutex“: Eine unfertige Bilderflut

Steiermark
27.09.2019 14:58

Saisonstart im Grazer Schauspielhaus! „Alles scheitert, bis es klappt“: Mit diesem dem Programmheft vorangestellten Zitat hat man den Grundtenor des Abends schon wunderbar zusammengefasst. Regisseur Alexander Eisenach hat Virginie Despentes 1200-Seiten-Roman „Vernon Subutex“ für die Bühne adaptiert, doch die Probenzeit hat nicht gereicht.

Dass er aus Mammut-Romanen wunderbare Theaterabende zaubern kann, hat Eisenach mit Manns „Zauberberg“ und Setz’ „Frequenzen“ schon eindrucksvoll bewiesen. Die 1200 Seiten lange Bestandsaufnahme einer zersplitterten Gesellschaft, mit der Despentes nicht nur in Frankreich für Furore gesorgt hat, waren aber wohl ein etwas zu großer Brocken. Jedenfalls hat die Probenzeit ganz offensichtlich nicht ausgereicht, um fertig zu werden.

Aneinanderreihung von Fragmenten
Das auf viereinhalb Stunden zusammengekürzte Werk ist so zu einer Aneinanderreihung von nicht selten spannenden, witzigen, mitreißenden Fragmenten geworden, die sich aber nicht recht zusammenfügen wollen. Das mag auch daran liegen, dass die Hauptfigur des Romans, der ehemalige Plattenladenbesitzer Vernon Subutex, zur Nebenfigur degradiert wird. Im Roman laufen bei ihm alle Fäden zusammen, er agiert quasi als Filter für all die Probleme einer Gesellschaft, die immer mehr auseinanderdriftet. Der charismatische The-Base-Sänger Norbert Wally hätte diese Aufgabe locker gestemmt.

Vielleicht trägt auch das Ungleichgewicht zwischen den ausgefeilten Videosequenzen (rocafilm), die am Ende in viel zu langen pseudoreligiösen Kitsch-Einspielungen münden, und den zu wenig ausgearbeiteten Schauspielszenen zum unfertigen Charakter des Abends bei.

Schauspieler zeigen großen Einsatz
Am Einsatz der Schauspieler mangelt es jedenfalls nicht. Hier wird von jedem alles gegeben und eine ungemeine Dichte erzeugt. Von Slapstick bis hin zu choreographierten Gewaltexzessen reicht das darstellerische Potenzial, das bis zur Erschöpfung ausgekostet wird. Clemens Maria Riegler, Anna Szandtner, Evamaria Salcher, Fredrik Jan Hofmann, Nico Link, Henriette Blumenau, Raphael Muff, Julia Gräfner, Franz Solar, Katrija Lehmann, Maximiliane Haß und Florian Köhler dürfen aus dem Vollen schöpfen. Großes Lob auch für die Gäste Marta Navaridas, Alex Deutinger, Franz Xaver Zach, Rudi Widerhofer und Beatrice Frey, die mitunter sogar für Glanzlichter sorgen.

Auch wenn der Abend viele schöne Momente und große Leistungen (nicht zuletzt von Bühnenbildner Daniel Wollenzin und Kostümbildnerin Claudia Irro) bereithält, fehlt doch zuviel, um ihn als restlos gelungen bezeichnen zu können. Nachschärfen würde da nicht schaden.

Alle Infos und Termine hier

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