Reisende gestrandet

Thomas-Cook-Boss kassierte noch Millionen-Bonus

Ausland
24.09.2019 21:04

Der Chef des britischen Reisegiganten Thomas Cook, der Schweizer Peter Fankhauser, erhielt vor dem Bankrott in den letzten fünf Jahren 9,4 Millionen Euro - fetter Bonus inklusive. Indes sind Tausende Passagiere gestrandet, heimische und internationale Hoteliers leiden unter dem Fiasko. Und auch zahlreiche Reisende wissen derzeit nicht, wie sie nach Hause oder an ihr Urlaubsziel kommen. Ein gute Nachricht gab es am Dienstagabend zumindest für die deutsche Konzerntochter Condor: Ein Überbrückungskredit in Höhe von 380 Millionen Euro für den Ferienflieger steht.

Tausende Pauschaltouristen, die bei Thomas Cook gebucht haben, sitzen in der Falle, während der Chef des Unternehmens mit vollen Taschen einen Traumurlaub anpeilen kann. Der Schweizer Konzernboss Peter Fankhauser kassierte in fünf Jahren Amtszeit 9,4 Millionen Euro. Laut englischen Medien sind in dem Salär des Konzernchefs auch noch 3,3 Millionen Euro Bonus enthalten. Weitere Manager sahnten ebenso ab, während der älteste Reiseveranstalter der Welt bankrott ging.

Doch was sind eigentlich die Gründe für die Insolvenz? Laut Reiseexperten sind die Margen schon seit Jahren unter Druck. Für viele Bucher ist der Preis ausschlaggebend, weniger die Qualität oder andere Stärken der Pauschalreise. Zudem ist der Trend, dass immer mehr individuell unterwegs sind und sich selbst Pakete im Internet zusammenstellen. Klassische Bade-Pauschalreisen mit Flug, Transfer, Hotel, Vollpension sowie Mietauto sind nicht mehr so gefragt wie früher.

Hochbezahlte Manager verschliefen Zug der Zeit
Die hochbezahlten Manager dürften den Zug der Zeit verschlafen bzw. verabsäumt haben, in eigene Hotels und Schiffe zu investieren - wohl aufgrund ständiger Geldknappheit. Ein letzter Sargnagel dürfte auch der Brexit sein, der für Unsicherheiten sorgt. Vor allem bei Wechselkursen. Das Pfund wurde schwach.

Wenn nun nach dem Sommer die Buchungen zurückgehen und Rechnungen bezahlt werden müssen, dann hat dieser Mix das Fass zum Überlaufen gebracht. Auch zum Leidwesen von österreichischen Hotels. Ein Schneeballeffekt droht. In Tirol oder in Salzburg zum Beispiel füllten die „Skibomber“ von Cook Hotels und Pisten. Hier kann es zu Ausfällen kommen. In der Stellungnahme von Thomas Cook Austria AG heißt es jetzt: „Wir können die Durchführung der gebuchten Reisen leider nicht gewährleisten. Dank des Pauschalreisegesetzes ist jede gebuchte Pauschalreise in Österreich gegen solche Ereignisse abgesichert.“

Pauschalreisende sind bei Insolvenz geschützt
Urlauber, die eine sogenannte Pauschalreise (z.B. Flug und Hotel) gebucht haben, sind in Österreich sehr gut geschützt. Jeder Reiseveranstalter ist nämlich laut Pauschalreiseverordnung dazu verpflichtet, sich gegen eine mögliche Insolvenz abzusichern. Auch die marode Thomas Cook AG (Neckermann Reisen) hat diesbezüglich in Österreich eine Versicherung. Alle Kundengelder sind dadurch bis rund 22 Millionen Euro sicher.

„Das wird ausreichend sein“, meint Reiseverband-Präsident Josef Peterleithner. Zuletzt war von bis zu 4500 Gästen die Rede, die derzeit mit Thomas Cook unterwegs sind. Betroffene Urlauber können Forderungen oder durch die Pleite entstandene Kosten bis 17. November beim Abwickler Allianz Partners (AWP) einreichen, unter thomascook.at@allianz.com. Für die Urlauber wurde eine Service-Hotline (+43 1 52503-6853 bzw. -6811) eingerichtet. Weitere Informationen gibt es auch auf der Website www.allianz-travel.at. Die Absicherung gilt sowohl für die Buchung einer Pauschalreise direkt im Reisebüro als auch über die Webseite des Veranstalters.

Turbulenzen bei Fluglinien
Immer mehr Turbulenzen gibt es in der europäischen Luftfahrt. Der Markt hat mit enormen Überkapazitäten zu kämpfen. Die slowenischen Adria Airways musste Montag den Betrieb stoppen, weil es an Geld fehlt - vorerst für zwei Tage. Das trifft auch die AUA, die zwei Flieger angemietet haben. 400 Passagiere waren von den Stornierungen nach Warschau, Lyon und Bologna betroffen und mussten umgebucht werden.

Überbrückungskredit in Höhe von 380 Mio. Euro für Condor
Wegen der Insolvenz des Mutterkonzerns Thomas Cook geriet auch Condor in Schieflage. Die deutsche Fluggesellschaft musste - wie berichtet - einen Überbrückungskredit bei der Bundesregierung beantragen. Auf einen solchen haben sich der Bund und das Land Hessen am Dienstagabend geeinigt: Wie Condor mitteilte, liegt die Höhe des Kredits bei 380 Millionen Euro. Hessen bürgt für den sechsmonatigen Kredit zur Hälfte.

Der Ferienflieger aus Hannover hängt stark von Reiseveranstaltern ab. Man fliege zwar Gewinne ein, die Flotte auf der Langstrecke sei aber veraltet, dadurch fallen hohe Kosten an. Thomas Cook hatte stets rund 30 bis 40 Prozent der Sitze besetzt - der Rest der Passagiere stammt von Kreuzfahrten. Man besetze auch wichtige Nischen. Condor hält den Flugbetrieb derzeit noch aufrecht.

Florian Hitz & Gerald Hofbauer, Kronen Zeitung

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