Verbund-Chef:

„Kein Problem, wenn alle auf E-Autos umsteigen“

Österreich
14.09.2019 06:01

„Es ist höchst an der Zeit, dass echte Maßnahmen getroffen werden und nicht nur auf einen Placebo-Effekt gehofft wird: Der Klimawandel ist etwas sehr Reales, Österreich braucht eine Klimastrategie, die einen klaren gesetzlichen Rahmen festlegt.“ Das sagt nicht irgendwer, sondern der Generaldirektor des Verbund-Konzerns, Wolfgang Anzengruber. Das teilstaatliche Unternehmen ist Österreichs mit Abstand größter Stromproduzent.

Selbst wenn alle Autofahrer in Österreich (was nicht sein wird!) auf E-Autos umsteigen würden, bräche in Österreich das Netz nicht zusammen. Anzengruber: „Ein Auto fährt pro Tag im Schnitt 35 Kilometer weit. Selbst wenn das alle 4,5 Millionen Pkw als E-Cars tun würden, würden wir insgesamt nur 13 Prozent mehr Strom benötigen. Das wäre meine kleinste Sorge.“

Realistisch ist eine andere Perspektive. Anzengruber: „Ein Anteil von 30 Prozent E-Cars in zehn Jahren wäre schon super.“ Anzengruber glaubt an die E-Autos als nächste Fahrzeug-Generation, während er die Rolle von Wasserstoff zunächst eher im Schwerlast- und Zugbereich sieht.

Haben unbestritten zu viel CO2 in Atmosphäre“
Dass Österreich durch die vorzeitige Nationalratswahl ein Jahr in der Klimastrategie verliert, sei schade: „Es ist unbestritten, dass wir zu viel CO2 in der Atmosphäre haben. Schwankungen hat es immer gegeben, aber in den letzten 800.000 Jahren war das nie so viel wie jetzt!“ In Österreich stammen 75 Prozent der Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen. Das ist international beachtlich, aber: „Die letzten 25 Prozent fehlen noch, und das ist keine einfache Übung.“

Um hier ans Ziel zu kommen, seien Anreize erforderlich: Derzeit sind bei den CO2-Zertifikaten nur 45 Prozent der Emissionen erfasst (etwa in der Stahlproduktion), 55 Prozent jedoch nicht (etwa der Verkehr oder das Heizen). Anzengruber: „Ich bin gegen eine CO2-Steuer, weil wir mit solchen Steuern schlechte Erfahrungen gemacht haben. Sinnvoller wäre ein CO2-Mindestpreis, der kontinuierlich teurer wird. So könnte die Industrie die Umstellung planen und finanzieren, aber der Weg ist unumkehrbar.“

Derzeit liegt dieser Mindestpreis bei 25 Euro je Tonne, erst ab einem Preis von 60 Euro würden die Unternehmen ihre Produktionen umstellen. Dieser Mindestpreis könnte dann bis 120 Euro ansteigen. Anzengruber: „Das geht nicht von heute auf morgen, aber die so eingenommenen Gelder könnte man zur Unterstützung betroffener Pendler, für Forschung und Entwicklung verwenden.“

Einkommensschwachen wird man helfen müssen“
Ein steigender CO2-Mindestpreis würde vieles verteuern. Anzengruber: „Pro Person ergäbe das eine Mehrbelastung von 300 Euro im Jahr. Für manche wird das kein Problem sein, einkommensschwachen Schichten hingegen wird man helfen müssen.“

Vieles in der Energiewirtschaft habe sich geändert: Wurden früher Kraftwerke gleich in der Nähe von Städten gebaut, wo die Energie Abnehmer fand, stammt die Energie heute aus vielen dezentralen Quellen, aus Wind, Sonne und wie bisher aus Wasserkraft. Anzengruber: „Das ist schön, hat aber auch Nachteile: Von 8760 Stunden im Jahr haben wir bei Wasser 5500 Stunden volle Energie, bei Sonne nur 1000 Stunden und bei Wind 1500 Stunden.“ Also brauche man Energiespeicher und ausreichende Leitungsnetze.

Der Verbund kooperiert mit anderen Großunternehmen wie der OMV etwa bei der Solarerzeugung im großen Stil, mit der voestalpine bei der Nutzung von Wasserstoff in der Stahlerzeugung und vielem mehr: „Jetzt müssen wir die Weichen für die Zukunft stellen, sonst werden uns die Jungen einmal zu Recht vorwerfen, warum habt ihr nicht mehr getan.“

Georg Wailand, Kronen Zeitung

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