Parteien am Prüfstand

Der Mercosur-Pakt steht auf Messers Schneide

Österreich
13.09.2019 06:01

Österreichs Veto kann den für unsere Bauern verheerenden Mercosur-Handelsvertrag noch stoppen. Jetzt stehen die Parteien auf dem Prüfstand!

Galloway-Rinder, aber auch die guten alten Pinzgauer, Black-Angus-Kühe und dazwischen sogar Wasserbüffel - sie alle genießen die Almfreiheit an den Hängen des steirischen Rabenwaldes. Dort hat der bekannte Thermen-Hotelier Karl Reiter aus Stegersbach im Burgenland einen natur-harmonische Biohof aufgebaut, in der sogar schon Söhnchen Maxi mit seiner eigenen kleinen Ziegenherde mitwirkt. „Wir wollen eine klimafreundliche, eine regionale Landwirtschaft. Das ist die Zukunft“, versichert der ursprünglich aus Achenkirch in Tirol stammende Bauer und  Gastronom.

Massenimport droht
Was für ein dramatischer Kontrast zu den Megaherden, die auf abgebranntem Regenwald mühsam grasen und Gentechfutter in die Tröge bekommen. Hormoninjektionen inklusive! „Genau diese Art von Fleisch, das diesen Namen nicht einmal verdient, soll auf unsere Teller kommen. Denn das Mercosur-Abkommen mit Brasilien sieht den Massenimport von bis zu 100.000 Tonnen dieser Produkte vor. Und das auf Kosten von Waldflächen, die für immer neue Gentechsoja-Weideflächen abgefackelt werden“, warnt Spar-Chef Gerhard Drexel einmal mehr eindringlich.

Gentech-Konzerne als Bedrohung für Landwirte
Dabei könnte Österreich diesen Umweltwahnsinn, diese für heimische Konsumenten und Bauern so fatale Entwicklung mit einem Federstrich stoppen. Denn voraussichtlich schon am 16. September wird die SPÖ im EU-Unterausschuss einen Antrag einbringen, der - vorausgesetzt die anderen Parteien schließen sich an - ein rot-weiß-rotes Nein zum Freihandelsabkommen vorsieht. Dann wäre der Handelspakt auch europaweit für lange Zeit Geschichte.

Vor der Wahl Farbe bekennen
Doch genau hier sieht Greenpeace-Chef Alexander Egit Fallstricke! Denn er befürchtet, dass die Türkisen wie beim Glyphosat umfallen könnten: „Ein Verbot desselben wurde vor der Wahl zwar versprochen, dann aber nicht gehalten.“ Und auch die Freiheitlichen hatten - wie Egit aufzeigt - schon einmal einen „Ökoschwur“ gebrochen und zwar beim CETA-Abkommen mit Kanada. „Ein solches Szenario werden wir nicht zulassen. Die Parteien müssen vor der Wahl Farbe bekennen und Zusagen geben. Denn es geht ums Klima und die Heimat und darum, ob unsere Bergbauern unter die Räder der Agrokonzerne kommen“, so Egit. Der ÖVP ins Stammbuch: Unter der heimischen Landwirtschaft regt sich von Stunde zu Stunde immer massiverer Widerstand gegen Mercosur

So stehen die Parteien zum umstrittenen Deal
Aus Sicht der Türkisen sind im Mercosur-Pakt Tierschutz, Umweltschutz und Lebensqualität nicht ausreichend verankert. Für ein klares österreichisches Nein sprechen sie sich jedoch noch nicht aus. Die ÖVP will auf Nachbesserungen am Verhandlungstisch vertrauen.

Für die SPÖ gefährdet der Mercosur-Pakt den Klimaschutz und die Ernährungssicherheit. Probleme orten die Sozialdemokraten bei arbeitsrechtlichen und ökologischen Standards. Die SPÖ legt sich fest, dass dieser Deal nicht repariert werden kann und will, dass Österreich den Pakt stoppt.

Die FPÖ ist prinzipiell gegen den Mercosur-Deal, da es durch diesen zu einer Erhöhung des Konkurrenzdrucks durch Import von Billigprodukten käme. Aber auch die Freiheitlichen wollen sich noch nicht auf ein verbindliches österreichisches Veto festlegen.

Die Grünen sprechen sich für „fairen“ Handel aus. Sie fordern hohe Umwelt- und Klimaschutzstandards. Den Mercosur-Deal lehnen sie grundsätzlich ab, weil er auf Kosten der Öko-Landwirtschaft geht, die giftintensive Agar-Industrie fördert und auch den Regenwald zerstört.

Als einzige Parlamentspartei stehen die Neos offen für den Mercosur-Pakt. Wesentlich ist für die Neos aber, dass die Pariser Klimaziele festgeschrieben werden und umfassende Arbeits-, Umwelt- und Sozialstandards Teil des riesigen Freihandelsabkommens werden.

Auch die Liste Jetzt spricht sich gegen den Mercosur-Pakt aus. Aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht bringe dieser nahezu unbeschränkte Handel nämlich mehr Schaden als Nutzen. Das Team von Peter Pilz ist daher für ein klares, konsequentes Nein aus Österreich.

Europa und Südamerika

  • Die EU und der südamerikanische Wirtschaftsblock Mercosur (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) haben sich in diesem Jahr auf ein Abkommen zur Bildung der größten Freihandelszone der Welt verständigt. 20 Jahre wurde verhandelt.
  • In den Mercosur-Staaten leben 260 Millionen Einwohner. Insgesamt leben in allen beteiligten Ländern rund 776 Millionen Menschen. Hochgerechnet beträgt das Bruttoinlandprodukt rund 18 Billionen Euro! Im vergangenen Jahr exportierte die EU Waren im Wert von 45 Milliarden Euro in die vier südamerikanischen Länder und importierte Güter für knapp 43 Milliarden.
  • Die Mercosur-Länder exportieren in erster Linie landwirtschaftliche Produkte nach Europa. Brasilien erhofft sich durch den Deal eine Verdreifachung des Beitrags zum Bruttoinlandprodukt auf knapp 90 Mrd. € bis in 15 Jahren.
  • Das Abkommen muss im Rat der EU einstimmig beschlossen werden, dann muss das Parlament zustimmen. Letzte Hürde: der Sanktus aller Mitgliedsländer.

Mark Perry, Kronen Zeitung

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