Kurz‘ Kritik an FPÖ:

„Wünsche mir, dass Ankündigungen Taten folgen“

Österreich
11.09.2019 22:27

Am Mittwochabend sind im ORF die Zweierkonfrontationen zum Nationalratswahlkampf in die zweite Runde gegangen. Wie schon in der ersten Sendung standen fünf Duelle am Programm. Erstmals mit dabei war ÖVP-Chef Sebastian Kurz, der sich vergangene Woche von Ex-Staatssekretärin Karoline Edtstadler vertreten ließ. Mit Norbert Hofer (FPÖ), Pamela Rendi-Wagner (SPÖ), Werner Kogler (Grüne), Beate Meinl-Reisinger (NEOS) und Peter Pilz (JETZT) war die Runde der Spitzenkandidaten komplett. Von amikalen bis kontroversiellen Duellen war alles dabei.

Eröffnet wurde der Duellreigen von ÖVP-Chef Kurz und Grünen-Chef Kogler. Dieses Aufeinandertreffen wurde von vielen mit großer Spannung erwartet, gilt Türkis-Grün doch als eine mögliche Koalition, sofern die beiden Parteien nach der Wahl eine Mehrheit haben. Bestimmendes Thema war der Klimawandel und mögliche Maßnahmen dagegen. Kurz betonte, dass nicht Österreich und die aufgelöste türkis-blaue Regierung allein am Klimawandel Schuld seien. „Ganz großen Aufholbedarf haben wir in den USA, in China und in Indien.“ Dennoch stellte Kogler fest, dass die Grünen seit den letzten Nationalratswahlen „bitter gefehlt“ hätten. „Österreich ist bei den Letzten, wenn es um die Verringerung des CO2-Austoßes geht. Wir sind nur deshalb im Mittelfeld, weil wir das Glück der Wasserkraft haben.“

Zweites Thema in der Diskussion war die Migration. „Es ist nachgewiesen, dass eine restriktive Migrationspolitik dazu führt, dass weniger Menschen ihr Leben auf dem Weg nach Europa verlieren“, betonte der ÖVP-Chef hier. Sein Gegenüber hielt fest, dass 95 Prozent der Flüchtlinge Binnenflüchtlinge seien. Aber: „Die, die kommen, müssen wir g‘scheit integrieren.“

Pilz:Kickl war Bedrohung für öffentliche Sicherheit
Im Duell zwischen Peter Pilz und Norbert Hofer ging es zuerst vor allem um die rechtsextremen Identitären (IBÖ). Am Nachmittag war berichtet worden, dass ein Mitglieder der Bewegung in Oberösterreich für die FPÖ zur Wahl kandidiere. FPÖ-Chef Hofer behauptete, dass der Mann nie Mitglied bei der IBÖ gewesen sei. Sollte sich herausstellen, dass das doch der Fall war, würde er die Parteimitgliedschaft verlieren. Pilz stellte klar, dass es das Wichtigste bei der Bekämpfung von Extremismus sei, „dass man auf keinem Auge blind ist“. Auch einen Seitenhieb gegen die Freiheitlichen konnte er sich nicht verkneifen: „Die Frau Stenzel weiß halt nicht, wo sie sich gerade befindet. Der andere zahlt Mitgliedsbeiträge und sagt dann ,jössas‘. Sie haben zu viel ,Jössas na und Einzelfälle.‘“

Weiters war Pilz wichtig, zu betonen, dass Herbert Kickl als Innenminister „eine wirkliche Bedrohung für die öffentliche Sicherheit“ war. Pilz‘ Gegenüber reagierte darauf mit persönlichen Angriffen und behauptete immer wieder, der Ex-Grüne sei ein Kommunist. „Wenn man ein Fan von Karl Marx ist, kann man kein Fan von Herbert Kickl sein.“

Rendi-Wagner: „Wohnen darf kein Luxus sein“
Das einzige Duell mit weiblicher Beteiligung gestaltete sich recht lebhaft. Sowohl Pamela Rendi-Wagner als auch Beate Meinl-Reisinger wollten möglichst viel Inhalt in das Duell bringen. Themen des Aufeinandertreffens waren neben dem Klima Steuern, kalte Progression und Wohnen. Beim Thema Klima rechneten sich die beiden Kandidatinnen gegenseitig vor, welches System für Pendler aus dem Waldviertel besser bzw. schlechter sei. Später forderte Meinl-Reisinger wie schon so oft die Abschaffung der kalten Progression, wobei ihr Rendi-Wagner zustimmte.

Die SPÖ-Chefin brachte anschließend mehrfach ihren Slogan „Wohnen darf kein Luxus sein“ ein - „für junge Menschen schon gar nicht“. Auch hier gab es wieder großteils Einigkeit. Die NEOS-Chefin forderte abermals eine Abschaffung von Maklergebühren. Am wichtigsten sei jedoch, die Menschen von der zu hohen Steuerlast zu entlasten. „Dann bleibt auch mehr Netto vom Brutto. Solange so hoch Lohn- und Einkommenssteuer bezahlt wird, sind wir nicht bereit, über neue Steuern zu sprechen.“

Kogler: „Können nicht einfach davonlaufen“
Das Duell der ehemaligen Parteifreunde Peter Pilz und Werner Kogler gestaltete sich weit amikaler als jenes der beiden Spitzenkandidatinnen. Erstes Thema war jenes der Gleichberechtigung und der Altersarmut. Diese betreffe nämlich vor allem Frauen, stellte Pilz fest. Kogler forderte Frauenquoten in der Wirtschaft, „bis sich das halbwegs eingependelt hat. Sonst warten die Frauen bis 2150 oder so, bis einmal tatsächlich Gleichberechtigung herrscht.“

Nicht ganz einig war man sich beim Kopftuch. Während Pilz jegliche politischen Symbole im öffentlichen Dienst verbieten will, geht das für Kogler zu weit. Er will nur da eingreifen, wo Zwang dahintersteht. Letztes Thema in der Konfrontation war eine mögliche Regierungsbeteiligung der Grünen nach der Wahl. Während Pilz diese begrüßen würde, hält sie Kogler für nicht sehr wahrscheinlich. Aber: „Wenn es eine Möglichkeit gibt, in einer Regierung viel umzusetzen, gibt es keine Möglichkeit, Nein zu sagen.“ Man könne dann nicht davonlaufen. „Wir haben ja eine Verantwortung.“

Kurz: „Die FPÖ hat eine notwendige Veränderung vor sich“
Im letzten Duell am Mittwochabend gab es sowohl kontroversielle als auch beinahe freundschaftliche Augenblicke. Nach Pilz und Kogler sprachen auch Kurz und Hofer einander mit „Du“ an. Beide waren sich einig, dass man in der gemeinsamen Regierung gut gearbeitet habe und das auch gerne noch weiterhin getan hätte. „Es war die Sturheit von Herbert Kickl, die dazu geführt hat, dass es nicht möglich war, die Koalition fortzusetzen“, erklärte Ex-Kanzler Kurz. Ex-Infrastrukturminister Hofer sieht das naturgemäß anders: „Aus unserer Sicht war mit dem Rücktritt von Heinz-Christian Strache der Weg frei für eine Weiterarbeit.“ Der ÖVP-Chef betonte, dass er immer versucht habe, die Regierung zusammenzuhalten. Schwer gemacht hätten ihm das die „sogenannten Einzelfälle“ in den Reihen der Freiheitlichen. „Mein größtes Problem war immer das ständige Anstreifen bei Identitären, Skindheads, beim rechten Rand. Ich habe ja Verständnis, dass in einer großen Partei schwere Fehler vorkommen. Die Frage ist nur, wie reagiert jemand darauf. Ich würde mir wünschen, dass den Ankündigungen auch Taten folgen.“

Hofer reagierte nach dem Prinzip „Angriff ist die beste Verteidigung“ und behauptete, dass es in der SPÖ Langenzersdorf mehr Einzelfälle gebe, „als alle Parteien in Österreich zusammenbringen“. Sein Gegenüber stimmte ihm zu und erklärte, dass ihn am meisten ärgere, dass viel gute Arbeit von den Zwischenfällen überschattet worden sei. „Ich würde mir eine ordentliche Mitte-rechts-Politik in Österreich wünschen. Aber ohne diese Dinge, wo ich auch das Gefühl hab, dass du eigentlich nichts damit anfangen kannst.“ Die FPÖ habe daher eine notwendige Veränderung vor sich. „Ich hoffe, dass dir das auch gelingt“, so Kurz an Hofer.

Parteien dürfen Joker schicken
Wie schon vor der EU-Wahl haben auch in diesem Wahlkampf alle Parteien die Möglichkeit, jeweils einen Joker - also einen Vertreter - einzusetzen. ÖVP und FPÖ haben davon bereits in der ersten Sendung Gebrauch gemacht und Karoline Edtstadler bzw. Herbert Kickl ins Rennen geschickt. Nächste Woche wird Jörg Leichtfried für die SPÖ antreten. Sowohl Kurz als auch Rendi-Wagner meiden also ein Duell mit Peter Pilz.

Thomas Zeitelberger
Thomas Zeitelberger
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