In der Grazer Altstadt

Beim Aufsteirern bleibt niemand hungrig

Steiermark
04.09.2019 15:30

Das Aufsteirern von 13. bis 15. September begeistert die Besucher auch kulinarisch. In der Grazer Innenstadt werden die besten steirischen Schmankerln und Weine kredenzt. Feine Küche hat in der Steiermark eine lange Tradition.

Wer der steirischen Küche auf den Grund gehen will, der folgt am besten dem Jahreslauf. Der Fasching mit seinen Süßspeisen, die mehr oder weniger freiwillige Beschränkung in der Fastenzeit, das genussreiche Osterfest, der Frühling mit Hochzeiten und Taufen. Wenn das Vieh auf die Alm getrieben wird, gibt es ebenso traditionsreiche Feiern wie im Herbst, wenn es wieder ins Tal geht. Der ausklingende Sommer bringt jede Menge Obst und Gemüse. Im September, zur Zeit des Aufsteirerns, sind die Körbe voll. Der Höhepunkt des kulinarischen Jahres? Die Zeit um den Advent, Weihnachten und Silvester.

Regionale und saisonale Küche prägen das Aufsteirern
An dieser Abfolge hat sich über die Jahrhunderte hinweg wenig geändert. Heute ist allerdings das Schlagwort der regionalen und saisonalen Küche in aller Munde. Unsere Großeltern hätten darüber gelacht, sie hatten gar keine Alternative dazu, als das zu verspeisen, was gerade reif war. Erdbeeren und Spargel im Winter sind damals niemandem abgegangen. Dafür wusste man, wie man Lebensmittel länger haltbar macht. Ein wunderbares Beispiel, das nicht nur in Mariazell in höchster Qualität zu erleben ist: Lebkuchen aus der Steiermark.

Das Kraut, das aus der Grube kommt
Den im Alpe-Adria-Raum weitverbreiteten Sterz vulgo Polenta aß man das ganze Jahr über. Anderes - wie das fermentierte Grubenkraut - gab es nur ein paar Wochen lang, und das auch nur in bestimmten Gegenden. Beschränkungen spezieller Art betrafen das Wild, das man heute in jedem guten Wirtshaus bekommt. Nur die wenigsten denken daran, dass ein Rehbraten oder ein Hirschgulasch früher den Adeligen vorbehalten war und die „Normalsterblichen“ nur mit illegalen Methoden - Stichwort Wilderei - an die begehrten Fleischwaren aus den Wäldern kamen.

Restlessen wiedentdeckt
Noch etwas wurde im Laufe der Jahre fast vergessen, erfreulicherweise aber wiederentdeckt: Das möglichst restlose Verwerten, mittlerweile „Nose to Tail“ genannt. Vor ein paar Jahrzehnten war es völlig normal, alle verwendbaren Teile des geschlachteten Tieres zu verarbeiten. Bis hin zum Blut, das zwar bekanntlich kein Himbeersaft ist, aber in der Blunzen ebenso zu finden wie im legendären Bluttommerl. Letzteres, das vor ein bis zwei Generationen noch zum ländlichen Küchenrepertoire gehörte, würde Kindern von heute wohl einen ordentlichen Respekt einjagen. Die Zeiten ändern sich. Dennoch oder gerade deswegen werden heute Innereien, zubereitet von hoch gelobten jungen Köchen wie Richard Rauch, wieder hochgehalten. Blut- und Breinwürste beleben das Angebot am Bauernmarkt. Das Grubenkraut wird am Froihof in Fischbach produziert und in Wien beim Meinl am Graben verkauft. Traditionelles wird neu interpretiert und in eine besonders ansprechende Form gebracht.

Feinste Kulinarik in der Grazer Herrengasse
Zwei Herrschaften, die gut zu dieser Philosophie passen, sind Bäcker Klaus Buchgraber aus Anger und Fleischer Robert Buchberger aus Pöllau. Die beiden trafen sich vor über zehn Jahren beim Aufsteirern und machen seither gemeinsame Sache. Die Steirerwurzn mit dem Hirschbirnleberkäs, das ergab bald ein prachtvolles Duett. Vom Stand in der Herrengasse, den sie auch heuer zu zweit bespielen, führte die Zusammenarbeit hin zu einem „Brot + Fleisch“-Geschäft in Weiz, einer Filiale in Kapfenberg und einer in Leoben, wo die Produkte der beiden täglich frisch erhältlich sind. Robert Buchberger hatte schon als Kind seine eigene Schürze und half begeistert im Familienbetrieb mit. „Wir arbeiten immer noch so, wie wir 1946 begonnen haben“, sagt er. „Das Handwerk und die Rezepturen sind gleich geblieben. Wir wollten nicht den Weg von anderen gehen, die auf industrielle Produktion umgestellt haben.“

Altes und Neues verknüpft
Was er anders macht als Vater und Großvater? „Ich verknüpfe unsere Arbeit mit modernem Marketing.“ Bereits legendär ist die „Wurstplatte“ auf Vinyl, die Buchberger mit Franz Riebenbauer entwickelte. Zu hören sind Geräusche aus dem Betrieb „in fünf Akten“ - zahlreiche Werbepreise waren die Folge. Buchberger ist die Bewahrung des Handwerks wichtig - und da hat er nicht nur gute Nachrichten. „Es gibt nur mehr sieben Fleischerlehrlinge pro Jahrgang in der Steiermark“, bedauert er. Um zumindest einen dieser begehrten Newcomer anzusprechen, hilft Buchberger das Marketing, der frische und originelle Auftritt. Ebenso wichtig ist ihm der Kontakt mit den Kunden in seinen Filialen und bei Festen wie dem Aufsteirern. Der Pöllauer ist viel unterwegs, auch in Sachen Vernetzung. „Craft butchery“ könnte der nächste Trend nach dem „Craft beer“ werden, meint er. Wer seinen flaumigen Hirschbirnleberkäs, die Erdäpfelwurst mit Grammeln oder die oststeirische Ruckwurst kostet, der wird rasch verstehen, was Buchberger damit meint, wenn er Begriffe wie „Qualität“ und „Würde“ für seine Arbeit verwendet. „Wenn man Fleisch isst, dann sollte es ein gutes sein. Alles mit Maß und Ziel.“ 

Wolfgang Kühnelt

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