Landwirte in Not:

Engerlinge fressen die saftigen Futterwiesen kahl

Oberösterreich
30.08.2019 11:00

Der Klimawandel schickt seine Boten aus: Der Borkenkäfer frisst sich durch den Wald, Dürren machen Ackerbau zum Lotto, und nun der Engerling! Maikäferlarven verwandelten in Oberösterreich 25.000 Hektar Wiese in Steppe. Besonders betroffen: Mühlviertel, Sauwald, Almtal. Die „Krone“ besuchte Grünau.

Die Hochlandrinder von Manfred Kefer (40), Bauer in Grünau, sind unruhig. Kein Wunder, sie stehen auf einer „Steppe“, finden kaum Grashalme: „Ich muss schon jetzt Heu verfüttern“, so Kefer. Normalerweise wäre das erst im Winter notwendig. Aber wärmeliebende Maikäferlarven haben die Graswurzeln seiner Wiesen abgefressen. Ihr Hunger macht das saftige Grün zum „verdörrten Teppich“. Den Viehbestand hat Kefer reduziert: „Ich habe schon 20 Tiere verkauft.“

Richtige Sorgen, wie es weitergeht, macht sich Stefan Grobauer (41) aus Schwarzenberg: „Die Engerlingplage begann heroben 2013, heuer ist der Befall besonders arg, geht auch schon auf den Mais, obwohl ich mehrmals mein Land sanierte“, berichtet er.

Preise für Heu steigen
Auch Grobauer wird seine Tiere nicht mehr mit Heu vom eigenen Grünland durchbringen. Er dachte schon ans Aufhören, jetzt macht er doch weiter. Der Siloballen Bio-Heu wird bereits um 80 € gehandelt, Futterzukauf geht enorm ins Geld. Und: Sobald ein Landwirt an Umweltmaßnahmen teilnimmt, etwa am vorbeugenden Grundwasserschutzprogramm des Landes OÖ (kofinanziert durch Land OÖ, Bund, EU) darf er Dauergrünland - wertvoller Co2-Speicher - nicht umbrechen.

Sanierung ist aufwändig
Dem Engerling kommt man aber nur mit Umackern bei: „Das Sanierungsbündel besteht aus Einsatz Kreisel- oder Rotoregge und Einbringung eines Mittels“, sagt Christian Krumphuber (LKOÖ). Landwirt Kefer ist skeptisch: „Der Nachbar saniert nicht, der Schädling hält sich nicht an Grundstücksgrenzen“. Grobauer will kurzfristig auf Ackerbau umstellen: „Ich steige aus Förderungen aus.“ Das Land OÖ verlangt seit kurzem diese auch nicht zurück, um Betroffene zu unterstützen. Für Clemens Stammler (Grüne) - siehe Interview - ist das zu wenig: „Alle genießen die schöne Landschaft, sobald es aber Probleme gibt, steht der Landwirt alleine da. Die Politik muss endlich handeln!“

„Wir wissen nicht, was wir tun sollen“
Landwirt Clemens Stammler (45), Obmann Grüne Bauern OÖ, und Landwirtschaftskammerrat, will im „Krone“-Interview mehr Koordination und Hilfe.

„Krone“: Sie sagen: Die Engerling-Invasion geht uns alle an. Wieso sehen Sie das so?
Clemens Stammler: Wir Landwirte erhalten Grünflächen, die Landschaft. Das macht Tourismus erst möglich, aber auch Ernährung. In der Landwirtschaft gibt es zudem viele Arbeitsplätze. Darum betreffen die Probleme, die durch den Klimawandel entstehen - Borkenkäfer, Engerlinge, Dürren - die Öffentlichkeit. Das geht uns alle an!

„Krone“: Sie fordern die Politik auf, zu handeln?
Clemens Stammler: Ein Landwirt kann vielleicht den Schädlingsdruck auf seinem eigenen Grund noch stemmen. Wenn aber der Nachbar nichts tut, macht Sanierung keinen Sinn. Daher bekommt das eine politische Dimension: Landwirtschaftskammer und Agrarlandesrat sollten eine Regelung ausgeben.

„Krone“: Lässt sich der Engerling überhaupt erfolgreich bekämpfen?
Die Erfolge sind lokal unterschiedlich. Eigentlich haben wir keine Ahnung, was wir tun sollen, darum brauchen wir auch mehr Forschungsgelder.

„Krone“: Was aber hilft jetzt?
Clemens Stammler: Neben einer finanziellen Hilfe würde die Freigabe der EU, kurzfristig aus Grünland-Maßnahmen aussteigen zu können, um Futterpflanzen anzubauen, den Betroffenen helfen, ihre Tiere über den Winter zu bringen! Auch sollte die Bekämpfung mit allen mechanischen Ackergeräten möglich sein.

Elisabeth Rathenböck, Kronen Zeitung

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