Kickl-Aus etc.

Bröckelnde Bedingungen im Koalitionspoker

Österreich
27.08.2019 06:00

Von Identitären-Verbot bis Kickl-Aus: Bereits jetzt werden wieder ultimative Koalitionsbedingungen gestellt. Doch schon die letzten Koalitionspoker zeigten, dass diese nicht immer in Stein gemeißelt sind.

Es ist ein Beispiel eher seltsamer Rechenkunst, das sich im Frühwinter 2017 im Wiener Palais Niederösterreich zugetragen hat: Die FPÖ forderte in den Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP, dass Volksbegehren ab 250.000 Unterschriften automatisch in Volksabstimmungen münden müssen, sofern das Parlament sie ignoriert. Kommt das nicht, tönten die Blauen, gibt’s keine Koalition.

Das traf sich ziemlich gut, denn: Auch die ÖVP wollte so etwas; allerdings erst ab zehn Prozent der Wahlberechtigten, also rund 600.000 Unterschriften. Und jetzt wird’s skurril: Man traf sich letztlich bei 900.000 Unterschriften - und verfrachtete das Thema, das der ÖVP im Koalitionspoker immer unliebsamer wurde, ans hinterste Ende der türkis-blauen To-Do-Liste. Geredet wurde dann nie mehr darüber.

Wenig besser erging es der FPÖ bei einer anderen Koalitionsbedingung: dem Ende der Kammern-Pflichtmitgliedschaft. Der Kompromiss sah eine massive Beitragskürzung für AK & Co. vor - zu der es in der türkis-blauen Ära nicht kam. Dasselbe gilt für die von der FPÖ zwischenzeitlich ebenfalls als Bedingung genannte Volksabstimmung über den CETA-Pakt.

Innenministerium und Rauchen als FPÖ-Erfolge
Die Erfolgsmeldungen an der Front der vermeintlich ultimativen Forderungen: Man bekam das Innenressort und das mittlerweile wieder zurückgekippte Rauchverbot.

Mit dieser relativ überschaubaren Bilanz ist die FPÖ in guter Gesellschaft: Denn Koalitionsbedingungen waren in den vergangenen Regierungsverhandlungen selten das, was sie zu sein schienen: unverrückbar nämlich. 2013 etwa verlangte die SPÖ vor der Neuauflage von Rot-Schwarz die Einführung der Gesamtschule und eine Millionärssteuer - beides ohne Erfolg. 2006 nannten die Roten die Rücknahme der Pensionsreform Wolfgang Schüssels und einen Eurofighter-Ausstieg als große Ziele fürs Regieren. Auch das ließ sich nicht machen, die Koalition mit der ÖVP kam trotzdem.

Nein zu Kickl erinnert an alte Haider-Prämisse
Die Volkspartei hielt sich mit derlei Forderungen unterdessen meist zurück - schaffte es aber trotz niedriger Einsätze, zu enttäuschen. 2013 etwa verlangte auch Michael Spindelegger einen Volksabstimmungs-Automatismus.

Heuer pokert die ÖVP untypisch hoch: Neben dem Innenressort (das übrigens auch die FPÖ wieder zur Prämisse erklärte) nannten die Türkisen ein Verbot der einstmals FPÖ-nahen Identitären als absolute Bedingung für eine Regierung. Damit nicht genug, wollen die Türkisen keinesfalls mehr mit FPÖ-Schlüsselspieler Herbert Kickl koalieren.

Den Rückzug eines Spitzenmannes des künftigen Partners hat übrigens schon einmal jemand verlangt: Jörg Haider wollte 2000 nur mit der ÖVP koalieren, wenn sich Andreas Khol zurückzieht. Der Rest ist Geschichte: Die schwarz-blaue Regierung kam zustande, Khol wurde deren mächtiger Klubobmann. Ein Szenario, das Insider übrigens gerne als türkis-blauen Ausweg aus dem Kickl-Dilemma nennen.

Klaus Knittelfelder, Kronen Zeitung

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