Nachmeldung

Natura 2000: Der Sinn von Sinesbrunn in Tirol

Tirol
22.08.2019 13:00

Mit der Nachmeldung der Padeilemähder als 17. Natura 2000 Gebiet ist der Streit mit der EU ad acta gelegt. Dass Unter-Schutz-Stellungen nicht nur ein Befriedigen der Brüsseler Begehren sind, zeigt das Schutzgebiet Sinesbrunn mit seiner extrem gefährdeten Libellenart.

Macht euch die Erde untertan. Damit dieses biblische Zitat vom Menschen nicht zur Gänze umgesetzt wird, ist man sich in Europa einig: Die Artenvielfalt in Flora und Fauna muss durch Schutz des natürlichen Lebensraumes (Habitat) gesichert werden.

Zu diesem Zwecke ratifizierten 1992 alle 28 EU-Staaten das „Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000“. In der Folge hatten die Mitgliedsstaaten geeignete Gebiete zu melden, die auch von Brüssel geprüft wurden. In dieser Causa war die EU mit Tirol gar nicht zufrieden. Permanent musste nachgemeldet werden, so auch das Gebiet „Sinesbrunn“ im Gemeindegebiet von Tarrenz.

Seit über 20 Jahren fährt der Imster Biologe Franz Mungenast über das idyllisch gelegene Obtarrenz zu den glazial geformten Terrassen am „Sinesbrunn“. Das Feuchtgebiet auf 1500 Metern Seehöhe mit seinen zehn Quellmooren birgt eine biologische Sensation: die Sibirische Azurjungfer.

Tiere sind Zeiger, dass Umwelt noch intakt ist
Die Libelle, nicht größer als ein Streichholz, ist die am stärksten gefährdete Libellenart Mitteleuropas und hat in den Tiroler Nordalpen ihr einziges europäisches Vorkommen. „Ich habe sie vor 23 Jahren hier entdeckt“, sagt der Libellenexperte, „fast alle Moore am Sinesbrunn entsprechen dem ganz besonderen Lebensraum der kleinen Libellenart, die im Frühsommer nur rund ein Monat fliegt.“

Es seien nicht nur die seltenen Tierarten, die geschützt werden sollen: „Es ist mehr. Tiere sind Zeiger, dass auch die Habitate besonders schützenswert sind. Lebensraumschutz ist Artenschutz“, sagt der pensionierte Biologieprofessor. So sei etwa das Moor „Kohlstatt“ ein international bedeutendes Moorgebiet, an dem 24 verschiedene Libellenarten leben.

Mungenast wurde vom Land Tirol 2014 beauftragt, eine Studie auszuarbeiten. Die 34 Seiten umfassende Expertise war Grundlage für die Nachnominierung von Sinesbrunn als Natura 2000-Gebiet. Mittlerweile sind 51 Hektar unter Schutz. Allerdings musste ihn die „Krone“ über die Ausweisung berichten. „Ich wurde vom Land darüber nicht informiert“.

Natura 2000 verbietet bisherige Nutzung nicht
Die Prozedur sei im Einklang mit der Gemeinde Tarrenz problemlos verlaufen. Mungenast: „Natura 2000 ist ein sehr milder Schutz und verfolgt lediglich ein Verschlechterungsverbot. Ein Ziel ist auch die Bewusstseinsbildung. Eventuelle bisherige Nutzungen können beibehalten werden.“

Wie am Göfelesee, der das Hauptvorkommen der Sibirischen Azurjungfer aufweist und der auch als Schwimmteich benutzt wird. Franz Mungenast sei gegen Verbote, aber: „Meine dringende Bitte ist, dass die Badenden nicht den Schwingrasen am Ufer betreten, sondern den Steg benutzen. Eine Beschilderung wäre wünschenswert“.

Bewusstseinsbildung sei also ein Ziel. Allerdings ist beim Eintritt in das 51 Hektar große Natura 2000 Gebiet kein einziger Hinweis auf ein Schutzgebiet zu sehen. Schutzgebietstafeln würde man in absehbarer Zeit aufstellen, heißt es aus dem Büro der Umweltlandesrätin Ingrid Felipe.

Hubert Daum, Kronen Zeitung

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