„Experte, aber ...“

Berater-Urteil zu Sidlo großteils vernichtend

Österreich
20.08.2019 11:42

Warum Peter Sidlo trotz der Einschätzung eines unabhängigen Personalberaters, wonach dem Wiener FPÖ-Bezirksrat die entsprechenden Qualifikationen fehlen würden, zum Casinos-Austria-Finanzvorstand bestellt wurde, ermittelt derzeit die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Nun wurde bekannt, dass das Urteil über den nunmehrigen CFO der CASAG großteils vernichtend ausfiel. So schreibt Egon Zehnder, der insgesamt fünf infrage kommende Personen beurteilt hatte, dass Sidlo „in den meisten Auswahlverfahren für den direkten Einstieg in eine entsprechende CFO-Position wahrscheinlich keine Berücksichtigung finden würde“.

„Ich freue mich, dass wir im Aufsichtsrat nun eine ausgezeichnete Lösung für die Neubesetzung des Vorstandes gefunden haben“, hieß es am 28. März 2019 in einer Aussendung der Casinos Austria AG, in der der Aufsichtsratsvorsitzende Walter Rothensteiner folgendermaßen zitiert wurde: „Mit Bettina Glatz-Kremsner, Martin Skopek und Peter Sidlo haben wir ein hervorragendes Führungsteam, das sowohl durch seine inhaltliche Kompetenz, als auch unterschiedlichen Persönlichkeiten überzeugt. Das neue Team steht einerseits für Stabilität und Kontinuität, andererseits für neue Impulse für kommende Herausforderungen.“

Geheime Absprachen zwischen FPÖ und Novomatic?
Wie es zu der Bestellung Sidlos zum Finanzvorstand kommen konnte und ob im Gegenzug von der FPÖ unter anderem Entgegenkommen bei einer Casino- sowie einer Online-Gaming-Lizenz für den Minderheitsgesellschafter Novomatic in Aussicht gestellt wurde, untersucht derzeit die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Vergangene Woche gab es dazu mehrere Hausdurchsuchungen, unter anderem bei Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Denn - so der Verdacht: Dem Vorstand sei auf Druck aus der Politik die mangelnde Qualifikation des FPÖ-Kandidaten vorenthalten worden, der vollständige Bericht von Personalberater Zehnder habe nie alle Mitglieder des Casinos-Aufsichtsrats erreicht.

„Mangel an Erfahrung einer breiteren Führungs- und Finanzverantwortung“
Die „Presse“ und der „Standard“ zitieren nun aus der Evaluierung Zehnders, der damals gebeten worden sei, fünf für einen Vorstandsposten infrage kommende Personen hinsichtlich ihrer Eignung zu prüfen. Der Bericht über Sidlo fiel demnach großteils vernichtend aus. So sei er zwar ein „ambitionierter, selbstbewusster und rhetorisch sehr versierter Kapitalmarkt- und Investmentexperte, der jedenfalls über weiteres Potenzial verfügt“, doch es fehle ihm an Erfahrung „einer breiteren Führungs- und Finanzverantwortung von relevanter Größe und Komplexität“.

Laut Glücksspielgesetz muss für die ausgeschriebene Position bei den Casinos Austria „eine zumindest dreijährige leitende Tätigkeit bei einem Unternehmen vergleichbarer Größe und Geschäftsart nachgewiesen werden“. Das konnte Sidlo, der am 1. März 2019 von der damaligen Bundesregierung in den Aufsichtsrat der Nationalbank entsandt wurde, nicht vorweisen. Er arbeitete bei der Finanzmarktaufsicht und der Immobiliengesellschaft Conwert, zuletzt - seit 2014 - im Management der kleinen Investmentgesellschaft Sigma seines Schwagers. Seit 2010 war er Bezirksrat.

Bei Bestellung zum CFO hatte Personalberater noch einen Rat
Das Fazit des Personalberaters: „In den meisten Auswahlverfahren für den direkten Einstieg in eine entsprechende CFO-Position“ würde Sidlo „wahrscheinlich keine Berücksichtigung finden“. Ihm fehle zudem die Expertise im Bereich Rechnungswesen, Controlling, Treasury und IT. Sollte man sich trotz allem für Sidlo entscheiden, so empfiehlt Zehnder laut „Presse“ abschließend, dass der Casinos-Aufsichtsrat sicherstellen solle, dass Sidlos „mangelnde Führungs- und CFO-Kompetenz kompensiert“ werde, indem man ihm jemanden zur Seite stelle, der die entsprechenden Fähigkeiten aufweist.

Aufsichtsrat ließ sogar Rechtsgutachten erstellen
Laut „Standard“-Informationen hieß es gegenüber dem Gesamtaufsichtsrat damals, der vollständige Bericht Zehnders könne „aus Datenschutzgründen“ nicht vorgelegt werden. Daraufhin habe das Präsidium zwei Rechtsgutachten erstellen lassen, ob die Conclusio offengelegt werden müsse. Nachdem sich eine Kanzlei dafür, die andere dagegen ausgesprochen habe, blieb es dabei, dass der Bericht nicht vorgelegt wurde, sondern nur eine Zusammenfassung.

Gegen die Bestellung der beiden anderen Vorstände - der Vorstandsvorsitzenden Bettina Glatz-Kremsner und Martin Skopek - hatte der Personalberater übrigens nichts einzuwenden.

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