History in Salzburg

AVA-Hof: Von der Gstättn zum Stadt-Mittelpunkt

Salzburg
12.08.2019 13:05
Fleischer, Fischhändler und Militär waren da. Dann wurde der Hanuschplatz vom Verkehr und einem „Dampfer“ überrollt. Der AVA-Hof hat neue Eigentümer. Kommt ein Neuanfang?

Der Platz im Zentrum der Stadt hatte in seiner Geschichte schon viele Namen. Nach Ferdinand Hanusch (1866–1923), ein Sozialpolitiker, Arbeiterdichter und der Gründer der Arbeiterkammer, wurde er erst nach dem Zweiten Weltkrieg benannt.

Da stand das 1873 errichtete Realgymnasium noch, ein prächtiger Bau, den man damals mitten in die Gstättn baute. So hieß einst dieses Stadtviertel, wo vorher (bis 1863) die älteste Kaserne Mitteleuropas stand, die „Alte Thürnitz“.

Das Viertel zwischen Gstättentor und Staatsbrücke lag einst vor den Mauern der Stadt. Überreste der Befestigung kann man noch im Keller des Sternbräus sehen. Hier breiteten sich auf dem Schwemmsand der Salzach („Gries“) zur Zeit der Fürsterzbischöfe Fleischbank und Fischmarkt aus.

Zwischen den beiden Weltkriegen entwickelte sich der Hanuschplatz zur Drehscheibe des Busverkehrs: Die Firma Albus bot von hier aus Fahrten auf den Großglockner und den Gaisberg an. Das Gegenstück dazu war für die Obusse bis 1950 der Siegmundsplatz, wo die Linien B und P jeweils wieder in Richtung Liefering oder Hauptbahnhof wendeten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wollte man die Altstadt möglichst verkehrsgerecht gestalten: 1953 riss man Häuser am Ende der Getreidegasse weg, damit man einen Durchbruch von der Münzgasse in die Griesgasse schaffen konnte. Neubauten durften nicht höher sein als das erste AVA-Haus (Getreidegasse 50), in dem heute das Restaurant Carpe Diem untergebracht ist. Nur ein Jahr danach, 1954, der nächste Aufreger mitten in der Stadt: Architekt Josef Becvar (1907–1984) errichtete – zwei Jahre bevor der das Hotel Europa beim Bahnhof baute – direkt vor der damaligen Realschule am Hanuschplatz einen modernen, einstöckigen Glaspavillon, den die Salzburger bald „Mississippidampfer“ nannten.

Der Bau beschäftigte sogar Thomas Bernhard, damals Zeitungsreporter: „Schließlich muss sich doch jeder sagen, dass eine elegante Hütte anno 1954 daraus geworden ist, die letzten Endes jeden anspricht.“ Doch selbst einer der Initiatoren, der spätere Bürgermeister Alfred Bäck, distanzierte sich vom Neubau: „Immerhin verdeckt er die Realschule“, meinte er.

Eine Versicherung gab dem Bau seinen Namen

Die Schule brach die Stadt im Zuge des Modernisierungs-Wahnes Mitte der Sechziger Jahre ab. Der AVA-Hof, so benannt nach einer Versicherung, wurde in ähnlicher Dimension errichtet und 1968 eingeweiht.

Da hatte der „Mississippidampfer“ nur noch sechs Jahre zu leben: Schon 1974 wurde er wieder abgetragen. Viele Salzburger trauern ihm nach, er hat mittlerweile Kultstatus. Die Architekten der Halle 1 planten vor wenigen Jahren eine spektakuläre Neuauflage des Dampfers . Sie wurde verworfen. Immerhin: Sie hätte den AVA-Hof verdeckt

Der nun verkaufte AVA-Hof sollte Ende der Neunziger Jahre zu einem Shopping-Center umgebaut werden, der Plan scheiterte damals am Nein der Stadt.

Die Stadt hat durch neue Verkehrsführungen und Parkplatz-Diskussionen zur schwierige Lage der Kaufleute beigetragen. Dass man beim Neubau des Makartsteges diesen so verschwenkte, dass die Fußgängerströme am AVA-Hof vorbei geführt wurden, war wenig hilfreich.

Ernst Hanischs Urteil über den Hanuschplatz („bar jeder stadträumlichen und städtischer Qualitäten“) kann man ohne weiteres auch auf den AVA-Hof ausdehnen. Und die Konzeptlosigkeit des Platzes erinnert an den früheren Namen des Viertels: eine „Gstätten“.

Wolfgang Weber
Wolfgang Weber
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