Einzigartig

Gelber Enzian am Acker: Pilotversuch in Galtür

Tirol
02.08.2019 15:30

Die Wanderer staunen, die Fachwelt tut es auch! In Galtür im Tiroler Oberland wächst der für Schnaps und Arzneimittel begehrte Gelbe Enzian neuerdings auf einem Feld. Es handelt sich um die tirolweit ersten Anbauversuche. Und sie sind sehr vielversprechend.

Hermann Lorenz ist schuld daran, dass Galtür kein „Weiberhimmel“ mehr ist. Alles hat mit einer Idee begonnen, die viele zuerst wohl als Pflanzerei abgetan haben. Wer baut schon den auf Bergen beheimateten Gelben Enzian auf einem Acker an? Lorenz wagte es mit Unterstützung der Tiroler Landwirtschaftskammer. Und die Saat auf dem 2000 Quadratmeter großen Feld ging auf!

18.000 Heilpflanzen
Nun stehen Lorenz und Wendelin Juen, Fachbereichsleiter für Spezialkulturen in der Kammer, mitten im Feld. Um sie herum 18.000 Heilpflanzen, deren Wurzeln nicht nur für den in der Gegend so beliebten Enzian-Schnaps die bitter-süße Essenz liefern. Auch in der Pharmazie gilt der Gelbe Enzian als Wundermittel, etwa für Magen- und Darmbeschwerden. „Für Tirols Bauern sind solche Spezialkulturen ein interessantes Erwerbsfeld“, spricht Juen von hoher Wertschöpfung. Die Ernte von einem 1000 Quadratmeter großen Feld kann zwischen 30.000 und 90.000 Euro bringen.

Viel Arbeit mit Unkraut
Doch bis es so weit ist, fließt viel Wasser die Trisanna hinunter. „Bis zur Ernte dauert es fünf bis sechs Jahre. Am Anfang mussten wir bewässern. Aber die meiste Arbeit macht das Unkraut. Gelber Enzian wächst langsam und wird rasch überwuchert“, berichtet Lorenz von vielen mühevollen Stunden der gesamten Familie und der Freunde am Feld.

„Weiberhimmel“adé
Früher war das Jäten am Acker Frauenarbeit. Doch wer nach Galtür heiratete, der musste sich darum keine Sorgen machen. Ackerbau gab’s im hinteren Paznaun keinen. Also hieß es: die kommt in den „Weiberhimmel“. Damit ist es wohl vorbei, wenn Lorenz’ Feldversuch Schule macht. Gattin Alexandra und Tochter Paulina sind auf jeden Fall schon gut eingearbeitet.

Dass gerade die Familie Lorenz das Pilotprojekt wagte, ist wohl kein Zufall. Alexandra Lorenz ist Ärztin. Ihr Interesse gilt nicht nur den heilsamen Wurzeln der Pflanze, sondern auch den Blüten. Ihr Mann stammt aus einer bekannten Schnapsbrenn-Dynastie und ist schon gespannt, wie sich seine Ernte in ein paar Jahren als Destillat machen wird.

Viele Einsatzgebiete
„Keine andere Pflanze weltweit hat so intensive Bitterstoffe wie der Gelbe Enzian“, verweist Fachmann Juen auf die Einzigartigkeit dieses Gewächses. Die Bitterstoffe werden bei der Produktion diverser Modegetränke mit und ohne Alkohol verwendet. Auch der Koch des Jahres, Benjamin Parth, stellt seinem berühmten Saibling Enzianwurz zur Seite. „Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig“, erklärt Juen und sieht großes Potenzial für den Kräuteranbau in Tirol. In Galtür blüht der Gelbe Enzian - in Tirol blüht eine neue Idee auf.

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