Wenn sich der Himmel über der Steiermark verfinstert, beginnt bei vielen das große Zittern: Wird es wieder hageln? Wird die Ernte am Feld, der Garten, das Auto oder gar das Hausdach zerstört? Damit es nicht soweit kommt, steigen die Flugzeuge der steirischen Hagelabwehr auf. Das Ziel der Piloten sind die schlimmsten Gewitterwolken. Das von ihnen ausgebrachte Silberjodit soll „Katastrophenhagel“ verhindern. Die „Krone“ besuchte die Hagel-Bekämpfer inmitten eines arbeitsreichen Sommers.
Der Friede ist trügerisch an diesem Vormittag am Grazer Flughafen. Der Himmel ist fast wolkenlos, doch Satyanarayana Tani weiß mit Blick auf seine Monitore: „Heute wird es noch gewittern.“ Und tatsächlich ziehen wenige Stunden später die ersten Unwetter auf.
Hagel-Saison wird immer länger
Forscher Tani von der TU Graz arbeitet sechs Monate im Jahr für die Hagelabwehr. „Die Saison wird immer länger“, so Obmann Josef Mündler. Bereits im April steigen die ersten Flugzeuge auf. „Die Hagelereignisse werden außerdem häufiger und intensiver.“
Mündler ist einer von zehn Piloten bei der Hagelabwehr. Drei Flugzeuge sind in Thalerhof stationiert, eines befindet sich in Fürstenfeld: „Damit sind wir schneller im oststeirischen Raum.“ Das Einsatzgebiet ist 4200 km² groß, reicht von Bad Waltersdorf über Fladnitz bis Maria Lankowitz, umfasst auch Deutschlandsberg und Teile von Graz-Umgebung. Viele Gemeinden haben einen Vertrag mit der Hagelabwehr (im Süden ist der Mitbewerber Südflug stark) - einige verzichten aber darauf.
Mit Kanonen auf Wolken geschossen
Hagelflieger sind erst seit etwas mehr als 30 Jahren in der Luft. Zuvor wurde, um das Unheil abzuwenden, mit Glocken geläutet, mit Kanonen und Raketen geschossen, auch Bodengeneratoren kamen zum Einsatz (viele alte steirische Geräte stehen heute in Argentinien).
Das Prinzip der Flieger: Ein Hagelgenerator verbrennt eine Silberjodid-Azetonlösung, viele kleine Kristalle entstehen. Aufwinde bringen sie in die Gewitterwolken (die Flugzeuge sind daher darunter unterwegs), wo sie die Bildung großer Hagelkörner verhindern.
Mit Forschungseinrichtungen wie der FH Joanneum wird an Verbesserungen gearbeitet. „Die Steiermark ist in diesem Bereich führend“, ist Mündler stolz. Mit der neuen Generator-Generation hofft er, den „Stein der Weisen“ gefunden zu haben. Sie wird im Frühjahr bei einem internationalen Kongress in Graz der Fachwelt präsentiert.
Nur erfahrene Piloten im Gewitterzentrum
Mündler ist bereits seit 1987 als Hagelpilot in der Luft. Kein Job für schwache Nerven: „Manchmal denkt man sich oben schon, was tu’ ich hier.“ Die ersten zwei Jahre fliegen die Piloten nur mit, dann bleiben sie zunächst im Randbereich einer Unwetterzelle. Nur erfahrene Piloten fliegen ins Zentrum, in dem es richtig ungemütlich werden kann.
Etwa 14.000 Landungen hat Mündler schon hinter sich. Jedes Mal streichelt er danach seine „Susi“ - so nennt er die Cessna 182 - und bedankt sich bei ihr. Und trotz aller Turbulenzen in der Luft schwärmt der Eggersdorfer: „Es ist wirklich wunderschön da oben. Das kann man nicht zeichnen und nicht fotografieren. das kann man nur auf der eigenen Festplatte speichern.“
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