Riviera del Conero

Marken-Ware von Urbino bis Ascoli Piceno

Reisen & Urlaub
07.08.2019 06:30

Nicht ganz so bekannt, liegt die Region der Marken an der italienischen Adriaküste, zu Unrecht im Schatten ihrer Nachbarn der Toskana und Umbrien ...

Sonnenblumen, so weit das Auge reicht. Hier im Hinterland strahlt es in sattem Gelb, während an der nahe gelegenen Riviera del Conero das Meer blau glitzert. Und genau dorthin kehren jedes Jahr im Sommer eine Reihe von Meeresschildkröten zurück, die während der Wintermonate von der Fondazione Cetacea Riccione gesund gepflegt worden sind.

Am „Tarta Day“ wird ausgehend vom kleinen Hafen des Orts Numana dementsprechend gefeiert. Mit Motorbooten geht es zum Strand Due Sorelle, wo die leider stark gefährdeten Meeresbewohner wieder in die Freiheit entlassen werden.

Nicht weit entfernt liegt Sirolo – „Perle der Adria“ steht auf einer Brunnenskulptur auf der Piazza geschrieben. Aber hätte sich nicht jede Stadt hier diesen Namen verdient? Hoch oben auf einem Kreidefelsen gelegen, bietet sich von der Piazza Vittorio Veneto – die fast wie ein Balkon wirkt – ein wunderschöner Panoramablick. In einiger Entfernung ist auch der Strand Sassi Neri zu erkennen. Das letzte Stück des Weges über 114 Stufen die felsige Küste hinunter, zahlt sich auf jeden Fall aus. Und wenn man es nach dem Sprung ins klare Wasser die Treppe wieder hinauf geschafft hat, sollte man auf jeden Fall im Restaurant Da Silvio einkehren – Pasta und Meeresfrüchte vom Feinsten, mit einem ebenfalls erstklassigen Blick über das Meer.

In versteckten Hauseingängen sitzen ältere Damen, die an filigranen Kunstwerken arbeiten und sich dabei gerne über die Schulter blicken lassen. Eine fast vergessene Tradition wird hiermit in Offida am Leben erhalten: das Spitzenklöppeln – echte Marken-Ware sozusagen. Ein eigenes Museum erzählt Interessierten viel über die Geschichte. In dem sonst eher ruhigen 4000-Einwohner-Städtchen herrscht im Karneval verrückter Ausnahmezustand. Am Faschingsfreitag wird ein Bulle durch die Straßen gejagt und schlussendlich im Herzen der Stadt auf der Piazza del Popolo vor dem Rathaus „erlegt“. Aber keine Sorge, hier kommt kein Tier zu Schaden, handelt es sich doch um eine Verkleidung. „Das war allerdings nicht immer so: bis zum Jahr 1915 war es noch ein echter Bulle, der getötet wurde“, erzählt Reiseleiter Nicolas.

Auf eine reiche Geschichte kann die Stadt Urbino zurückblicken. 1998 zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt, überragt der Palazzo Ducale das mittelalterliche Viertel mit seinen engen steilen Gässchen und die von der Renaissance geprägte Universitätsstadt. Und zu verdanken ist dies vor allem zwei Familien. Die da Montefeltro und später della Rovere waren großzügige Mäzene und förderten den Hof als geistig-künstlerisches Zentrum der Frührenaissance.

Die Besichtigung des Palazzo Ducale ist Pflicht, obwohl hier nur ein Gemälde des berühmtesten Sohns der Stadt zu besichtigen ist: „La Muta“ von Raffael. Das Porträt einer feinen Dame erinnert in Art des Motivs und der Perspektive stark an Leonardo da Vincis „Mona Lisa“. 1483 hier geboren, zog es Raffael Santi – so sein voller Name – später nach Florenz und Rom, um dort so berühmt zu werden, dass man ihn nur noch unter seinem Vornamen kennt. Etwas, das nur sehr wenigen Künstlern vorbehalten ist. Sein Geburtshaus beherbergt heute ein Museum mit zahlreichen Werken seines Vaters, aber eben nur Kopien von Raffaels Bildern selbst.

Ascoli Piceno – „die Stadt der 100 Türme“. Heute stehen allerdings nur noch etwa 15 bis 20 davon. Trotzdem durfte sie den Namen behalten. Das Leben spielt sich, wie so oft in Italien, auf den Straßen und Plätzen ab. Besonders auf der Piazza del Popolo. Eingerahmt von der Kirche San Francesco und einigen Palazzi, lädt sie zum Rasten und Beobachten ein – und zum Genießen einer kleinen Erfrischung. Zum Beispiel im Caffè Meletti – im Inneren im Art-déco-Stil eingerichtet –, an dem 1972 schon der junge Dustin Hoffman im Film „Alfredo, Alfredo“ vorbeiflanierte. Also bestellen Sie sich entspannt einen Aperol Sprizz.

Eine besondere Spezialität rund um Ascoli Piceno ist die Olive all’ascolana. Nur die besten händisch gepflückten Oliven der Sorte Tenera Ascolana dürfen dafür verwendet werden. Gefüllt werden sie mit einer ganz speziell zubereiteten Mischung aus Schweine- und Rindfleisch, danach zweimal paniert und herausfrittiert. Das Rezept dazu gibt es seit dem 19. Jahrhundert, als die reichere Oberschicht ihren Angestellten die Essensreste weitergegeben hat und diese dann eben faschiert in der Füllung gelandet sind. Entkernt wird heute nicht mehr händisch, das wäre zu zeitaufwändig und teuer, aber gefüllt wird – natürlich – per Hand. Ausgezeichnet dazu passen die Weine aus dieser Region. Unzählige kleine und größere Weinbaubetriebe stellen erstklassige Tröpfchen aus den hier ansässigen Trauben der Sorte Passerina und Pecorino her. Diese laden natürlich gerne zur Verkostung und Besichtigung der kühlen Weinkeller ein.

Richtig erfrischende Abkühlung der anderen Art findet man dagegen in den Frasassi-Höhlen. 1971 zufällig entdeckt, sind sie heute auf einer Länge von ca. 1,5 Kilometer für die Öffentlichkeit zugänglich. Konstante 14 Grad und bis zu 98 Prizent Luftfeuchtigkeit – das ganze Jahr über – garantieren, dass kein Einfluss von außerhalb die atemberaubenden Formationen zerstören kann. Wie von einem anderen Stern stehen hier bis zu 20 Meter hohe Stalagmiten, spiegeln sich in kleinen Seen wider. Mit ein wenig Fantasie kann man in den Formen Tiere und diverse andere Figuren erkennen. Hier steht ein Kamel neben einem Dromedar, ein wenig entfernt ein Eisbär, ein Schäfer mit dazugehörigem Schaf und auch der Weihnachtsmann mit seiner Zipfelmütze. Die Oberflächen glitzern wie zugefrorene Wasserfälle.

Baby-Stalaktiten hängen wie Pasta über unseren Köpfen von der Decke herab. Aber ihre Größe von wenigen Zentimetern täuscht, denn sie sind schon an die 200 bis 300 Jahre alt. Doch so schön der Anblick auch ist, ist es doch eine sehr unwirtliche Gegend. Kaum ein Tier kann hier überleben. Eine Art blinder Gecko fühlt sich hier recht wohl, ab und zu verirrt sich eine Fledermaus herein – und das war’s dann auch schon wieder. So ist man auch recht froh, nach dem 1,5-stündigen Rundgang in die wärmende Sonne blinzeln zu können ...

Elisabeth Salvador, Kronen Zeitung

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