Von Queen angelobt

„BoJo“ lenkt künftig die Geschicke Großbritanniens

Ausland
24.07.2019 21:00

Neuer Anlauf für das im Brexit-Chaos festhängende Großbritannien: Der frisch gewählte Tory-Chef Boris Johnson, von den britischen Medien auch „BoJo“ genannt, hat am Mittwoch das Amt des Premierministers angetreten. Königin Elizabeth II. erteilte ihm im Buckingham-Palast den Regierungsauftrag. Der 55-Jährige übernahm damit die Funktion von Theresa May, die am EU-Austritt des Landes gescheitert war. Johnson nahm noch am Abend eine Kabinettsumbildung vor und umgibt sich fortan hauptsächlich mit Brexit-Hardlinern.

Von „neuem, besserem Deal“ mit EU überzeugt
Nach seiner Ernennung durch die Queen bekräftigte Johnson in seiner ersten Rede als Premier vor seinem neuen Amtssitz in der Londoner Downing Street, er werde den Brexit „ohne Wenn und Aber“ bis zum 31. Oktober über die Bühne bringen. Die Briten wollten keinen Ausstieg ohne Abkommen, trotzdem werde er sein Land auch auf diese „entfernte Möglichkeit“ vorbereiten. Seine Regierung werde „einen neuen Deal, einen besseren Deal“ erreichen. An die EU gerichtet sagte Johnson: „Ich bin überzeugt davon, dass wir einen Deal hinbekommen können.“

Johnson scheut aber auch vor einem No Deal nicht zurück. Er kritisiert das zwischen May und der EU ausgehandelte Abkommen als „Instrument der Einkerkerung“ Großbritanniens in Zollunion und Binnenmarkt. Daher pocht er seit Langem darauf, mit Brüssel neu zu verhandeln - was dort allerdings strikt abgelehnt wird. 

Brexit-Hardliner besetzen Schlüsselpositionen
Um seine Pläne für den EU-Austritt durchzusetzen, nahm Johnson bereits eine Kabinettsumbildung zugunsten von Brexit-Hardlinern vor. So entließ er Außenminister Jeremy Hunt, der mit dem 55-Jährigen um Mays Nachfolge konkurriert hatte, aber in der parteiinternen Stichwahl deutlich unterlegen war. Hunt wird durch den früheren Brexit-Minister Dominic Raab ersetzt. Dieser war im November zurückgetreten, weil er den Kurs von May in den Verhandlungen mit der EU als zu nachgiebig empfand.

Weiters ernannte Johnson Ex-Innenminister Sajid Javid zu seinem Finanzminister. Der ehemalige Banker übernehme den Posten von Philip Hammond, hieß es. Hammond hatte kurz vor Johnsons Amtsantritt seinen Rücktritt erklärt und dies mit dessen Entschlossenheit begründet, Großbritannien wenn nötig auch ohne Brexit-Abkommen aus der EU zu führen.

Außerdem übernimmt Ex-Entwicklungsministerin Priti Patel eine Schlüsselposition in der Regierung und wird Innenministerin. Die 47-Jährige ist eine überzeugte Brexit-Anhängerin und zählt zum rechten Tory-Flügel. Neuer Vizepremier wird Michael Gove, Liz Truss leitet fortan das Handelsministerium, Brexit-Minister bleibt Steve Barclay. Viele EU-freundliche Minister und Staatssekretäre waren einem Rauswurf durch Johnson zuvorgekommen und hatten ihre Ämter selbst aufgegeben.

Fest steht auch, dass Johnson den Drahtzieher der Brexit-Kampagne, Dominic Cummings, als Berater in sein Team berufen wird. Zwar hatte Johnson selbst 2016 offiziell an der Spitze der Unterstützungskampagne für den Brexit gestanden, hinter den Kulissen spielte Cummings aber eine entscheidende Rolle.

Konflikt mit Iran als weitere Großbaustelle
Der Brexit ist aber nicht die einzige Großbaustelle, um die sich Johnson kümmern muss. So tritt er sein Amt inmitten in einer Krise mit dem Iran an. Nach mehreren Vorfällen in der Straße von Hormus setzte Teheran dort zuletzt einen britischen Öltanker fest - aus Sicht Londons eine „feindliche Handlung“. Großbritannien regte eine europäische Seeschutzmission an, um Schiffe in der Meerenge zu schützen, durch die große Mengen Öl verschifft werden.

Neuer Premier ist nicht zu unterschätzen
Die Mitglieder der Konservativen Partei hatten Johnson am Dienstag zu ihrem Chef und damit auch zum künftigen Premier gewählt. Der exzentrische ehemalige Außenminister ist für seine unkonventionellen, oftmals clownesken Auftritte bekannt, aber auch für seinen messerscharfen Verstand und seine aggressive Politik. Experten warnen daher vor allem im Hinblick auf das weitere Vorgehen im Brexit-Strreit davor, den neuen Premier zu unterschätzen. 

Experte im krone.tv-Talk: „Man wird Boris Johnson ernst nehmen müssen“

May verspricht Johnson „volle Unterstützung“
May, die das Land drei Jahre lang regierte, hat sich am Mittwochnachmittag im Unterhaus noch ein letztes Mal den Fragen der Parlamentarier gestellt und eine Bilanz ihrer Amtszeit gezogen.

Dabei kündigte sie auch an, ihren Verpflichtungen im Unterhaus künftig als Abgeordnete für den Wahlkreis Maidenhead nachzugehen. Weiters betonte sie, ihr Nachfolger Johnson erhalte ihre „volle Unterstützung“. Nach ihrem Auftritt im Parlament reichte May schließlich bei der Queen offiziell ihren Rücktritt ein, den die Monarchin annahm.

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