Gezielte Abtreibung?

Indien: Kein Mädchen unter 216 Neugeborenen

Ausland
24.07.2019 13:04

In einer 132 Dörfer umfassenden Region im Norden Indien haben in den vergangenen drei Monaten 216 Kinder das Licht der Welt erblickt. Die Tatsache, dass unter den Neugeborenen kein einziges Mädchen war, lässt bei den Behörden aber die Alarmglocken schrillen, wegen des Verdachts auf gezielte Abtreibung wird nun intensiv ermittelt.

In Indien wurde die gezielte Abtreibung weiblicher Föten bereits 1994 verboten, die Praxis sieht aber oft anders aus, weil viele Familien Mädchen nur als finanzielle Belastung sehen. Bei der letzten Volkszählung 2011 wurde dies auch statistisch belegt: Auf 1000 männliche Neugeborene kommen nur 943 weibliche, insgesamt leben in Indien derzeit 63 Millionen Frauen weniger als Männer.

Ermittler nehmen Vorgänge genau unter die Lupe
Dass aber die 216 Neugeborenen der vergangenen drei Monate allesamt Buben sind, stuften die Behörden des Uttarkashi-Bezirks als „verdächtig“ und „schockierend“ ein. Ermittler werden die Angaben aus den 132 betroffenen Dörfer nun genau unter die Lupe nehmen und auch das medizinische Personal vor Ort genau befragen. Eltern, denen die gezielte Abtreibung von Mädchen nachgewiesen werden kann, müssen sich vor Gericht verantworten. Darüber hinaus wird eine Informations- und Aufklärungskampagne in der Region gestartet.

21 Millionen „ungewollte“ Mädchen in Indien
Nach Angaben der indischen Regierung leben landesweit aber auch rund 21 Millionen „ungewollte“ Mädchen, die allein in der Hoffnung auf männlichen Nachwuchs gezeugt wurden. Viele Paare bekämen so lange Kinder, bis ein Bub geboren werde, hieß es. „Bei Familien, in denen ein Bub geboren wird, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie mit dem Kinderkriegen aufhören, als bei Familien, in denen ein Mädchen geboren wird“, teilte die Regierung 2018 in einem Report mit.

Weiblicher Nachwuchs gilt als finanzielle Last
Die traditionelle Präferenz für Buben sei auch in reichen Familien ausgeprägt. In Indien ist es traditionell so, dass Buben als Erben und Geldverdiener bevorzugt werden. Mädchen gelten dagegen als finanzielle Last, zumal in Indien die Eltern der Braut die Hochzeit bezahlen. Auf dem Land werden Mädchen oft nicht in die Schule geschickt und jung verheiratet.

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