Überstunden und Co.

Justizanstalt: Ex-Beamter kritisiert Arbeitsklima

Tirol
21.07.2019 10:00

Von einem Personalmangel geplagt ist die Justizanstalt Innsbruck. Zumindest in den vergangenen zwei Jahren hat je ein Justizwache-Beamter das Handtuch geworfen. Hinzu kommen Wechsel wie zur Polizei. Ein Ex-Beamter hat im „Krone“-Gespräch die schockierenden Beweggründe für seinen Entschluss geschildert.

Er stand mit beiden Beinen mitten im Leben und konnte eine Fixanstellung vorweisen. Dennoch sehnte sich ein Tiroler nach einer Veränderung. „Ich wollte noch einmal etwas Neues in Angriff nehmen“, erklärt er. Das Berufsbild der Justizwache faszinierte ihn. Er erkundigte sich und ließ sich zum Justizwache-Beamten ausbilden. „Ich war sehr motiviert. Aber was mich dann erwartet hat, hätte ich mir nie erträumen lassen“, sagt er noch sichtlich entsetzt. Seine Kritik richtet sich in erster Linie gegen die vorherrschenden Arbeitsbedingungen, die „so nicht tragbar sind“, wie er betont.

„Viele Krankenstände an den Wochenenden
„Ein Arbeitszeitgesetz gibt es schlichtweg nicht. Als Beamter muss man unzählige Überstunden leisten und hat wenige freie Tage. Zudem kommt es oft vor, dass man spontan zusätzliche Arbeitsstunden absolvieren muss", sagt er. So erfahre man etwa oftmals erst kurz vor Dienstschluss, dass man noch eine Nachtschicht oder eine Überwachung an der Klinik dranhängen muss.

„Etwas im privaten Umfeld zu vereinbaren, ist sehr schwierig. Die Verabredungen können nur selten eingehalten werden“, erklärt er. Vor allem an den Wochenenden würde sich die Lage zuspitzen. „Die Krankenstände schießen an diesen Tagen regelrecht nach oben“, schildert der Tiroler.

„Zahlreiche Beamte sind schlichtweg frustriert“
Auch dem Arbeitsklima kann der Ex-Beamte wenig abgewinnen. „Man ist mehr damit beschäftigt, darauf achtzugeben, dass einem kein Kollege in den Rücken fällt, als sich um die Insassen zu kümmern“, teilt er mit und ergänzt: „Viele Beamte jammern, anstatt der Arbeit nachzugehen. Jeder ist zutiefst wegen der Arbeitsbedingungen frustriert.“

Verbesserte Situation im neuen Job
Es war die Summe dieser Erfahrungen, die den Tiroler schließlich dazu bewegt hat, zu kündigen. „Bei meinem neuen Job verdiene ich zwar weniger, dafür habe ich aber geregelte Arbeitszeiten und freie Tage. Das weiß ich nun wieder sehr zu schätzen“, verdeutlicht der Ex-Beamte. Die Führungsriege habe seine Kündigung übrigens nicht sonderlich interessiert. „Zur Not wolle man auf Securitys ausweichen“, soll es geheißen haben. 

„Um Verbesserung bemüht“
Das Justizministerium räumt ein, dass es zu „kurzfristigen Mehrdienstleistungen“ kommen kann. Es verweist allerdings auch auf die zusätzlichen sieben Planstellen seit der Aufteilung vor drei Jahren. „Es gibt zwar mehr Planstellen, dennoch kann es bei spontan auftretenden Aufgaben wie Bewachungen in Kliniken notwendig werden, dass Mehrdienstleistungen zu erbringen sind. Diese können naturgemäß auch sehr kurzfristig anfallen. Zur Abdeckung gibt es in der Regel eine Rufbereitschaft“, erklärt Christina Ratz vom Justizministerium.

„Nach Nachtdienst haben Bediensteten zumindest 24 Stunden dienstfrei“
Im Jahr 2018 wurden rund 2,4 Überstunden in der Woche pro Justizwache-Beamter verzeichnet, im ersten Halbjahr 2019 waren es rund 2,3. Jeder Beamte muss im Durchschnitt 2,6 Nachtdienste leisten. „Nach einem Nachtdienst haben die Bediensteten zumindest 24 Stunden dienstfrei. Darüber hinaus wird in der Dienstplanung stets darauf geachtet, dass ausreichend zusammenhängende Erholungszeiträume bestehen“, sagt die Sprecherin.

„Wir sind bemüht, die Arbeitsbedingungen laufend zu verbessern“
Dass Beamte, die Nachtdienste leisten, vermehrt zum Wochenende hin in den Krankenstand gehen, konnte laut der Sprecherin bis dato nicht beobachtet werden. „Allgemein bleibt festzuhalten, dass dieser Beruf sehr hohe Anforderungen stellt, die sich durch höhere Krankenstandszahlen widerspiegeln. Die Generaldirektion ist aber gemeinsam mit den Dienststellenleiter bemüht, die Arbeitsbedingungen laufend zu verbessern“, betont Ratz. 

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