Viehböck im Interview:

„Blick auf Erde machte mich zum Umweltschützer“

Österreich
18.07.2019 06:00

Zum 50-Jahre-Jubiläum der Mondlandung traf die „Krone“ Franz Viehböck, Österreichs ersten Raumfahrer. Woran er sich bei seiner All-Mission im Jahr 1991 erinnert, wie er über Weltraumtourismus denkt und warum er zum Umweltschützer wurde, erzählt er im Interview.

„Krone“: Wie haben Sie als Neunjähriger die Mondlandung vor 50 Jahren erlebt?
Franz Viehböck: Mein Vater hat dafür einen Fernseher ausgeliehen. Gespannt sind wir vor den Schwarz-Weiß-Bildern gesessen, als die Rakete zündete. Aber die Landung zog sich. Ich glaube nicht, dass ich alles live gesehen habe.

Dieses Ereignis war also ausschlaggebend für Ihren Berufswunsch Astronaut?
Damals wollten alle Kinder ins All fliegen. Es war einfach eine Sensation. Das laute Zünden und Zischen der Rakete faszinierte und inspirierte mich. Aber ich fällte damals keine Lebensentscheidung.

Böse Zungen behaupten, dass die Mondlandung keinen Zweck hatte, sondern nur für die USA veranstaltet wurde. Teilen Sie diese Meinung?
Nein, das stimmt nicht. Den Vorbereitungen für die Raumfahrt verdanken wir das gesamte Computerwesen. Das Weltall ermöglicht uns heute das Surfen im Internet. Wir können das Wettergeschehen über Satelliten beobachten und Menschen vor Katastrophen warnen. Das sind nur wenige Beispiele. Außerdem konnte durch das mitgenommene Gestein bewiesen werden, dass der Mond viel älter ist als die Erde.

Sie waren sieben Tage, 22 Stunden und zwölf Minuten im All. Wie fühlt sich Schwerelosigkeit an?
Wie sagt man heutzutage: Es war cool! Man schwebt und bewegt sich sehr leicht. Es hat aber auch Einfluss auf den Körper. Der Gleichgewichtssinn ist gestört. Das Gefühl von oben und unten geht verloren, daher kann man sich nur noch optisch orientieren.

Aus der Raumstation Mir machten Sie ein Foto auf unseren Planeten. Wie haben Sie sich durch den Blick auf die Erde verändert?
Ich wurde zum Umweltschützer. Blicken wir auf eine zweidimensionale Weltkarte, sehen wir vor allem Land. Doch oben sieht man erst, wie groß die Ozeane sind. Sie machen zwei Drittel unseres Planeten aus. Die Verletzlichkeit der Erde wurde mir bewusst, als ich diese Schönheit vor mir sah. Wir konnten die Atmosphäre sehen, die vergleichsweise dünn ist, wie eine Apfelschale. Es wird einem klar, wie fragil der Schutzmantel der Erde ist.

Sieht man aus dieser Entfernung auch Umweltverschmutzungen?
Ich habe gesehen, wie verschmutzte Flüsse ins saubere Meer fließen. Das Abbrennen von Urwäldern war durch Flammen sichtbar. Als wir 1991 ins All flogen, war der Zweite Golfkrieg gerade zu Ende. Damals haben die Ölfelder in Kuwait gebrannt. Der Persische Golf war mit einer grau-schwarzen Wolke bedeckt. Außerdem war der in Kasachstan und Usbekistan gelegene Aralsee zu sehen, den ich vom Atlas als großen blauen Fleck kenne. In Wirklichkeit ist er ein großer weißer Fleck mit einem kleinen blauen Zipferl: ausgetrocknet und mit Chemikalien überdüngt.

Was halten Sie vom Weltraumtourismus?
Viel! Dadurch wird anderen Menschen ermöglicht, die Erde von einer größeren Distanz zu sehen. Die Sensibilität für unsere Umwelt wird dadurch sicher geschärft. Reisen zur Forschungsstation ISS finde ich nicht sinnvoll, da es einfach keine Konstruktion für Touristen ist.

Zur Person
Als erster und bisher einziger Raumfahrer Österreichs schaffte es Franz Viehböck in unsere Geschichtsbücher. Geboren wurde er am 24. August 1960 in Wien. Im Jahre 1988 nahm der damalige Elektrotechnik-Student an der Ausschreibung für einen österreichischen Kosmonauten teil. Eine Kommission wählte Viehböck und Clemens Lothaller aus. Sie absolvierten ein zweijähriges Programm als Vorbereitung für die Mission zur sowjetischen Raumstation Mir 1991. Erst wenige Stunden vor Abflug wurde entschieden, dass der Techniker mit ins All fliegen darf. Heute ist Viehböck Vorstand beim Metallverarbeitungsunternehmen Berndorf AG in Niederösterreich.

Interview: Kathi Pirker, Kronen Zeitung

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