NATO-Partner im Clinch

Russische Raketenabwehr für Türkei – USA schäumen

Ausland
12.07.2019 11:19

Trotz heftiger Proteste der US-Regierung hat Moskau mit der Lieferung russischer Luftabwehrraketen an die Türkei begonnen. Ein erster Teil der S-400-Raketen sei in der Murted-Luftwaffenbasis in Ankara eingetroffen, teilte das türkische Verteidigungsministerium am Freitag mit. Weitere Bestandteile des Raketenabwehrsystems sollen in den kommenden Tagen geliefert werden. Damit steuert ein scharfer Konflikt des NATO-Mitglieds Türkei mit den USA auf seinen Höhepunkt zu.

Der umstrittene Rüstungsdeal zwischen der Türkei und Russland war im Herbst 2017 unterzeichnet worden. Die US-Regierung sprach sich von Beginn an strikt gegen den Kauf und den Einsatz des russischen Systems im NATO-Luftraum aus. Sie befürchtet unter anderem, dass Russland über die empfindlichen Radare der S-400 an Daten über die Fähigkeiten der neuen US-Tarnkappenflugzeuge F-35 gelangt.

Die Türkei ist Partner beim Bau der F-35 und soll um die 100 Jets bekommen. Die USA drohen nun damit, Ankara trotz bereits erfolgter Zahlungen von mehr als einer Milliarde Dollar Ende Juli aus dem F-35-Programm zu werfen.

USA drohen mit scharfen Sanktionen
Außerdem könnten Sanktionen unter dem amerikanischen CAATSA-Gesetz („Countering America‘s Adversaries through Sanctions Act“) auf die Türkei zukommen. Dieses zielt auf Geschäfte mit dem russischen Rüstungssektor ab und beinhaltet zum Beispiel Verbote zu Immobilientransaktionen und Visa-Einschränkungen.

Weiters drohen die USA noch mit anderen, bisher nicht genau deklarierten Sanktionen. Im vergangenen Jahr hatten Strafmaßnahmen wegen eines in der Türkei festgehaltenen US-Pastors die türkische Wirtschaft und Währung schwer geschädigt.

Ankara beschwichtigt: „Nur für den Notfall“
Die Türkei intensiviert seit Tagen ihre Versuche, die Sorgen des NATO-Partners zu zerstreuen. Außenminister Mevlüt Cavusoglu erklärte wiederholt, das russische System werde „nur im Notfall“ eingesetzt. Die Zeitung „Cumhuriyet“ berichtete, die S-400 werde mit einem unabhängigen Radar arbeiten und nicht mit anderen Systemen wie etwa der Luftabwehr der NATO vernetzt.

Die S-400 ist ein mobiles Luftabwehrsystem, das Flugzeuge, Geschosse und andere Objekte vom Himmel schießen kann. Die Einheiten, die üblicherweise aus mehreren Raketen, einem Radar und einem Gefechtsstand bestehen, können mit Kurz-, Mittel- und Langstreckenraketen arbeiten und per Lastwagen transportiert werden. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Donnerstag gesagt, der Generalstab der Streitkräfte werde entscheiden, wo genau die Einheiten letztlich stationiert würden.

Konflikt weckt Sorge vor Erosion der NATO
Beobachter werten die neue Entwicklung als alarmierenden Schritt in der bereits seit Jahren fortschreitenden Entfremdung der Türkei von der NATO. Mehrere Mitglieder der Allianz äußerten in den vergangenen Monaten die Befürchtung, dass der Rüstungsdeal und der Konflikt mit den USA zu einer weiteren Annäherung zwischen der Türkei und Russland führen könnte - und damit zu einer Erosion des Bündnisses.

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