Dürre, Hunger:

Klimakrise löste dramatische Fluchtbewegungen aus

Ausland
09.07.2019 06:00

Die Klimakrise und darauffolgende Konflikte sollen maßgeblich zu den dramatischen Fluchtbewegungen der vergangenen Jahre beigetragen haben. Laut einer Studie der Wirtschaftsuniversität Wien wurden die Unruhen in Tunesien, Libyen sowie Syrien indirekt von Dürreperioden ausgelöst.

Nicht nur die kleinen Inselstaaten in fernen Ozeanen sind von den Folgen des Klimawandels bedroht, auch ganze Kontinente könnten in Zukunft ein Problem für die Welt werden. Denn der Klimawandel soll laut den Autoren einer internationalen Studie zu einer regelrechten Völkerwanderung führen. Hauptproblemzone ist wieder einmal Afrika. Denn vorbereitet ist dort niemand (siehe Grafik unten).

„Dürreperioden und Wasserknappheit verstärken Krisen“
Ein Forscherteam rund um Volkswirt Jesus Crespo Cuaresma, Intitutsleiter an der Wirtschaftsuniversität Wien, durchleuchtete dazu unzählige Asylanträge aus mehr als 150 Ländern der Erde und stellte diese den vorherrschenden Klimabedingungen und Kriegstoten in den jeweiligen Herkunftsländern gegenüber. „Die Studie macht deutlich, dass die wachsende Zahl an Dürreperioden und Wasserknappheit drohende Konflikte und Krisen verstärken wird“, so Crespo Cuaresma bei der Veröffentlichung der Studie im Jänner 2019. Vor allem für die Zeit zwischen 2011 und 2015 soll es eindeutige Zusammenhänge zwischen Klimaereignissen, Konflikten und Flucht geben, heißt es.

Ernteausfälle „heizten“ Arabischen Frühling an
Als Beispiel nennt die Forschung die Unruhen in Tunesien, Libyen oder auch in Syrien. Bevor der Arabische Frühling Ende des Jahres 2010 ausgebrochen ist, gab es etwa eine mehrjährige Dürreperiode im Nahen Osten, die zu einem massiven Engpass der Wasserversorgung führte. Die Folgen davon waren verheerend: Missernten, Fluchtbewegungen in die Städte sowie Demonstrationen aufgrund von Hunger. Die urbane Bevölkerung Syriens beispielsweise wuchs laut Schätzungen von 8,9 auf 13,8 Millionen Menschen an. Die Infrastruktur konnte nicht schritthalten und die Stimmung der Bevölkerung kippte. Der Aufstand gegen das Regime von Präsident Bashar al-Assad begann und der Bürgerkrieg folgte - Die Flüchtlingskrise war „geboren“.

Jährlich flüchten 21,5 Millionen Menschen wegen Klimawandel 
Schon jetzt können die Flüchtlingszahlen von Afrika nach Europa nur geschätzt werden. Im Allgemeinen geht das internationale Flüchtlingsnetzwerk UNHCR aber davon aus, dass seit 2008 jährlich 21,5 Millionen Menschen aufgrund von klimabedingten Ereignissen ihrer Heimat den Rücken gekehrt haben.

„Die Mehrheit will ja nicht dauerhaft weg“
Die „Krone“ bat Bernhard Wrabetz, Abteilungsleiter für Humanitäre Hilfe und Nahrungsmittelhilfe im Außenministerium, zum Gespräch.

Krone": Herr Wrabetz, wie wirkt sich die Klimakrise auf den afrikanischen Kontinent aus?
Bernhard Wrabetz: Wir können bereits jetzt festhalten, dass gerade in der Sahelzone und Subsahara der Klimawandel als Konflikttreiber fungiert. Knappe Ressourcen verstärken religiöse und ethnische Unruhen. Gerade aus unseren Schwerpunktgebieten wie Burkina Faso und Mali haben wir fundierte Berichte.

Wie werden sich diese Konflikte auswirken?
Wir müssen damit rechnen, dass die Zahl der Flüchtlinge in den betroffenen Regionen ansteigt. Meist wandern diese Menschen aber nur in umliegende Gebiete aus, denn die Mehrheit der Flüchtlinge will ja auch nicht dauerhaft ihre Heimat verlassen.

Müssen wir auch wieder mit einer Flüchtlingskrise in Europa rechnen?
Ein gewisser Prozentsatz der Flüchtlinge wird vermutlich schon wieder versuchen, nach Europa zu kommen, genaue Zahlen sind aber nicht gesichert. Grundsätzlich ist aber festzuhalten, dass der Klimawandel noch kein Grund für Asyl laut der Genfer Flüchtlingskonvention ist.

Meeresspiegelanstieg, Wüstenbildung etc.
Die Bezeichnung Klimaflüchtlinge und Klimaflucht gelangen seit geraumer Zeit verstärkt ins öffentliche Bewusstsein. Phänomene wie etwa Meeresspiegelanstieg, Wüstenbildung, Artensterben oder Auftauen von Permafrostböden sind als negative Folgen der globalen Temperaturerhöhung aber empirisch bereits nachweisbar, berichtet das Institut für Umwelt, Friede und Entwicklung. Millionen von Menschen werden dadurch künftig zur Flucht gezwungen - auch nach Europa. Wie viele von den weltweit mehr als 70 Millionen Flüchtlingen als sogenannte Klimaflüchtlinge betrachtet werden können, ist aufgrund unklarer Rechtslage und fehlendem Anerkennungsstatus schwierig.

Josef Poyer, Kronen Zeitung

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