Es wird einem übel ...

Würden Sie den Hund auf Wurst aufpassen lassen?

Österreich
07.07.2019 06:00

Würden Sie einen Hund auf die Wurst aufpassen lassen? Nein. Genauso ist es, wenn Parteien Gesetze beschließen, wieviel Geld sie bekommen. Und ob die Geldflüsse kontrolliert werden. Jeder Politiker ist da befangen wie Strolchi bei der Knackwurst.

Stellen Sie sich vor, Sie schwindeln das Finanzamt an. Was ja auch bei einfachen Bürgern vorkommen soll. Wenn aber jemand von uns das tut oder seine Steuererklärung einfach verweigert, was passiert dann? Wir riskieren eine saftige Strafe. Im Extremfall sogar Gefängnis. Parteimenschen sind gleicher, für sie gilt das nicht. Anders als für jeden Geschäftsführer eines Kleinunternehmens, der seine Jahresbilanz nicht abgibt, ist für die Nichtabgabe eines Rechenschaftsberichts der Partei keine Sanktion vorgesehen. Obwohl darin insbesondere im Wahlkampf alle Einnahmen und Ausgaben einer Partei stehen sollten.

Rechtlich passieren würde der Partei genau gar nichts
Ein Parteichef und sein Generalsekretär könnten dem Rechnungshof statt ihrer Bilanz straffrei einen Zettel mit dem Wort „Ätsch!“ schicken. Oder sagen, dass sie wohl ein paar Parteispenden vergessen hätten, man habe eben leider Erinnerungslücken. Rechtlich passieren würde der Partei und den Politikern genau gar nichts. Nicht einmal, wenn sie dazuschreiben „Übrigens ist das alles vielleicht erstunken und erlogen!“

Das macht natürlich keine Partei, weil es ihr politisch schadet. Was aber, wenn der Rechnungshof von sich aus misstrauisch wird, mit den Parteifinanzen wäre nicht alles in Ordnung? Bei unseren Steuern kann die Finanzpolizei ermitteln, jeden unter Wahrheitspflicht befragen und Kontoeinsicht verlangen. Der Rechnungshof kann nichts davon. Oft ist daher die Chance gleich null, dass allfällige Schwindeleien einer Partei aufgedeckt werden.

Die Sache bleibt gleich schlecht
Jetzt haben SPÖ und FPÖ einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem alles besser werden soll. In wesentlichen Punkten bleibt die Sache gleich schlecht. Nehmen wir als Beispiel die vom Ibizaheini vulgo Heinz-Christian Strache angesprochene Konstruktion zur Umgehung der Gesetze: Es wird ein Verein gegründet, der anstelle der Partei Spenden erhält und Wahlkampfkosten übernimmt. Das müssten Parteien melden. Wenn sie es nicht tun, wird das freilich in Zukunft wiederum keinerlei Negativfolgen für Partei und Politiker haben. Außer der schlechten Nachrede. Doch einen miesen Ruf hat die Branche Politik sowieso schon.

Attacken von SPÖ und FPÖ auf Rechnungshof
In der Erklärung ihres Vorhabens verkaufen hochintelligente Politiker die Bevölkerung für dumm. Die Chefin der SPÖ, Pamela Rendi-Wagner, vertritt die spitzfindige Rechtsansicht, dass der Pensionistenverband nicht so viel mit ihrer Partei zu tun hätte. Ach ja, und warum steht gleich im ersten Paragraph der Statuten, dass dessen Funktionäre Mitglieder der SPÖ sein sollen?

Formal ist Rendi-Wagners Aussage korrekt. Doch damit sind ihre Pensionisten und die Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) gar nicht erst den Transparenzregeln unterworfen. Hat sie deshalb mit der FPÖ ein Gesetz ausgehandelt, dass den Arbeiter- und Angestellten- sowie Seniorenbund der ÖVP zur Offenlegung der Finanzen zwingt, während rote und blaue Vereine unbeobachtet weiterwurschteln dürften?

Kickl beflegelt RH als „politisch beeinflussbar“
Herbert Kickl, Klubobmann der FPÖ, beflegelt in seiner Argumentation überhaupt den Rechnungshof. Dieser dürfe kein Auge auf die Parteien haben, weil er politisch beeinflussbar wäre. Ist hier der Wunsch Vater des Gedankens? Wenn alternativ Wirtschaftsprüfer auf FPÖ & Co schauen, gleicht das einen einzigen Mangel in den obigen Punkten aus? Nein.

Wo haben Sie außerdem die letzten Jahre und Jahrzehnte gelebt, Herr Kickl? Was haben Sie da beruflich so gemacht? Denn jeder politikinteressierte Österreicher hat mitbekommen, dass von Skandal zu Skandal quer durch alle Parteifarben nicht die Prüfungen des Rechnungshofes das Problem waren. Sondern die Machenschaften von Politikern und Parteien.

Verdacht auf Vorsatz liegt nahe
Sebastian Kurz und die ÖVP sind genauso schlimm. Nicht nur, weil es sehr durchsichtig ist, weiterhin für Großspenden als bisher sehr große Einnahmenquelle zu sein. Wenn Kurz stolz betont, die Strafe für einen glatten Gesetzesbruch 2017 zu begleichen, so ist das eine ziemliche Frechheit. Die Obergrenze der Wahlkampfkosten beträgt sieben Millionen Euro, ausgegeben wurden 13 Millionen. Da liegt der Verdacht einer Tat mit Vorsatz seitens der Kurz’schen Geschäftsführer nahe. Sind so viele illegale Millionen etwa keinem aufgefallen?

Ach ja, und wie wird die Strafe bezahlt? Aus Mitteln der Parteienförderung, also durch unser Steuergeld? Oder mit Beiträgen von einfachen Mitgliedern und Spender, die sich zu Recht vera… veräppelt fühlen dürfen? Zahlt das ein verantwortlicher ÖVP-Spitzenpolitiker aus seiner privaten Geldtasche? Das Letztere ist auszuschließen. Das Verhältnis von Parteien und Geld ist es eine übel undurchsichtige Sache. Böse Zungen könnten sogar sagen, es wird einem übel.

Peter Filzmaier, Kronen Zeitung

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