UNO-Bericht

Bhutto-Mord: Schwere Vorwürfe gegen Musharraf

Ausland
16.04.2010 11:34
Zweieinhalb Jahre nach der Ermordung der pakistanischen Politikerin Benazir Bhutto erheben UNO-Ermittler schwere Vorwürfe gegen den damaligen politischen Gegenspieler und Präsidenten Pervez Musharraf. Der Personenschutz für Bhutto sei mangelhaft gewesen, die Sicherheitsbehörden hätten kein echtes Interesse gehabt, die Täter und Drahtzieher dingfest zu machen, stellte eine Untersuchungskommission fest. Für den Mord wurde bis heute niemand zur Rechenschaft gezogen.

Die Oppositionsführerin und Chefin der Pakistanischen Volkspartei (PPP) war am 27. Dezember 2007 nach einer Kundgebung in Rawalpindi bei einem Anschlag getötet worden. Mit ihr starben 20 weitere Menschen. Die Vorkehrungen seien "verhängnisvoll unzureichend und uneffektiv" gewesen, heißt es in dem am Donnerstag in New York veröffentlichten Bericht.´

Die Regierung in Islamabad zeigte sich am Freitag zufrieden über das Ergebnis. Ein Sprecher des pakistanischen Präsidenten und Bhutto-Witwers Asif Ali Zardari sagte, der Staatschef habe das Ergebnis der Untersuchung als "zufriedenstellend" bezeichnet. Der Sprecher von Ex-Präsident Musharraf, Rashid Qureshi, wies dagegen alle Vorwürfe zurück: Die Ergebnisse des Berichts seien "lächerlich und eine Lüge".

Die Ermittlungen im Auftrag von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon ergaben, dass es der Polizei nach dem Attentat auf Bhutto "an Unabhängigkeit und politischem Willen" gemangelt habe, die Wahrheit herauszufinden. Ban hatte im Juni 2009 den chilenischen UN-Botschafter Heraldo Munoz, den indonesischen Ex-Justizminister Marzuki Darusman und den irischen Polizisten Peter Fitzgerald beauftragt, die Hintergründe aufzuklären. Der Geheimdienst habe ihnen die Nachforschungen erheblich erschwert, sagte Munoz bei der Vorlage des 65-seitigen Berichts in New York.

"Gravierende Fehler"
"Etliche Regierungsbeamte machten gravierende Fehler", fand die Kommission heraus. Diese Beamten hätten Bhutto nicht nur die nötige Sicherheit versagt, sondern es später auch unterlassen, nach den Drahtziehern, Planern und Geldgebern des Attentats zu fahnden. "Die Regierung von General Musharraf wusste von den ernstzunehmenden Drohungen gegen Frau Bhutto, tat aber wenig mehr als diese an die Politikerin und die Provinzregierung weiterzureichen".

Dass die Polizei nach dem Selbstmordanschlag eines 15-jährigen umgehend den Tatort mit Wasser abspritzte und so gut wie kein Beweismaterial sammelte, war nach Meinung der UNO-Ermittler mehr als nur Inkompetenz. Sie seien überzeugt, dass Rawalpindis Polizeichef nicht aus eigenen Stücken handelte, sondern von "höherer Seite" instruiert wurde. Den gleichen Verdacht hegen die Ermittler im Zusammenhang mit der unterlassenen Obduktion: Bhuttos Leiche sei lediglich in einen Sarg gelegt und zum Flughafen gefahren worden, wo ihr Mann sie Stunden später übernahm.

 Der Bericht macht darauf aufmerksam, dass Musharraf schon am Tag nach dem Attentat den Verdacht auf den Führer der radikal-islamischen Bewegung Tehrik-e-Taliban, Baitullah Mehsud, lenkte. Zu jenem Zeitpunkt habe es noch keine Beweise für Mehsuds mögliche Schuld geben können, stellten die Ermittler fest. Tatsächlich bestritt der inzwischen tote Taliban-Führer stets seine Verwicklung in das Attentat. Zardari verdächtigte hingegen pakistanische Führungskreise.

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