BVT-Abschlussbericht

Massive Kritik an Justiz und Kickls Ressort

Österreich
24.06.2019 21:58

Nach 44 Sitzungen und 88 befragten Auskunftspersonen ist die Arbeit des BVT-Untersuchungsausschusses vorerst einmal beendet. Der vorläufige Endbericht des Verfahrensrichters enthält massive Kritik an der Arbeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und am Innenministerium unter Ex-Minister Herbert Kickl (FPÖ). Eduard Strauss wirft zum Beispiel der rechten Hand Kickls, dem früheren Generalsekretär Peter Goldgruber, nicht nur eine deutliche Überschreitung seiner Befugnisse vor, sondern de facto auch eine Falschaussage im Ausschuss vor.

Goldgruber hatte im Ausschuss zuerst dementiert, im Verfassungsschutz nachgefragt zu haben, wo verdeckte Ermittler gegen Rechtsextreme im Einsatz waren. Später verweigerte er bei dieser Frage die Aussage. Strauss geht aufgrund der vorliegenden Unterlagen aber davon aus, dass diese Frage tatsächlich gestellt wurde - und zwar in einer Besprechung am Nachmittag des 29. Jänner 2018. Ein Monat später fand die mittlerweile für rechtswidrig erklärte Razzia im Verfassungsschutz statt.

„Widersprechende Aussagen und Erinnerlungslücken“
„Die sich zum Teil widersprechenden Aussagen von Goldgruber erscheinen im Hinblick auf dessen zahlreiche Erinnerungslücken und Aussageverweigerungen als nicht glaubwürdig“, schreibt Strauss in dem Berichtsentwurf. Und: „Die Tatsache, dass Goldgruber explizit danach fragte, in welchen Bereichen im Rechtsextremismusbereich verdeckte Ermittler eingesetzt waren, stellt eine nicht unerhebliche Überschreitung seiner Befugnisse dar.“ Dass die FPÖ erfahren wollte, ob und wo verdeckte Ermittler gegen parteinahe Burschenschaften eingesetzt werden, war von den anderen Parteien als ein möglicher Hintergrund für die Razzia vermutet worden.

Dass die Polizisten bei der Razzia keinen Zugriff auf sensible Daten gehabt hätten, wie das Kickl und die Chefin der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Ilse Vrabl-Sanda, behaupteten, weist Strauss zurück: „Die Aussagen von Kickl und Vrabl-Sanda sind sohin aufgrund der festgestellten Ergebnisse zumindest infrage zu stellen.“ Nicht belegt ist für Strauss aber der Verdacht, die Beamten hätten Daten mitgenommen. Gleiches gilt für den Vorwurf, die Polizeieinheit EGS wäre wegen ihrer FP-Nähe für die Razzia ausgewählt worden.

Hart ins Gericht geht der Bericht mit der Arbeit der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die die Razzia im BVT gemeinsam mit Kickls Ministerbüro vorangetrieben hatte. Strauss vermisst seitens der ermittelnden Staatsanwälte „Objektivität und Folgenabschätzung“ bzw. Datensicherheit: „Mit etwas weniger Tempo hätte der enorme Schaden, der durch das für einen Nachrichtendienst an sich abträgliche Medieninteresse am allgemeinen Vertrauen in das BVT entstanden ist, unter Umständen abgewendet werden können“, begründet Strauss.

FPÖ spricht von „undifferenziertem Kickl-Bashing“
Nun haben die Parteien bis 28. Juni Zeit, um ihrerseits Änderungen einzuarbeiten. Den einen oder anderen Änderungswunsch wird es wohl geben, denn die FPÖ weist die Kritik am Innenressort als „undifferenziertes Kickl-Bashing“ zurück. Laut dem freiheitlichen Fraktionsführer im U-Ausschuss, Hans-Jörg Jenewein, sind die Schlussfolgerungen des Verfahrensrichters „nicht nachvollziehbar“. Auch ein Einfluss des Innenministeriums auf die Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft sei nicht erkennbar, meinte Jenewein.

Für die ÖVP verstärken die Bestrebungen der FPÖ, „sich schützend vor Kickl zu stellen“, nur noch den Eindruck, dass die Ressortführung unter dem ehemaligen Innenminister „massiven Druck auf die Staatsanwaltschaft ausübte, um eine rechtswidrige Hausdurchsuchung durchzusetzen“. Laut ÖVP-Fraktionsvorsitzender Gabriela Schwarz hat Goldgruber dabei eine Schlüsselrolle gespielt.

NEOS sehen Verantwortung auch bei der ÖVP
NEOS-Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper zeigte sich über die Schlussfolgerungen zu Kickls Ressort erfreut. Ihre Kritik richtete sich aber auch an die ÖVP.

Der „Schaden für das BVT und seine internationale Reputation“ sei nämlich „wesentlich durch die Kurz-ÖVP mitverursacht, die trotz aller Warnungen der FPÖ das Innenressort überließ“, so Krisper.

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