„Diskriminierend“

EU-Gerichtshof kippt deutsche „Ausländer-Maut“

Ausland
18.06.2019 11:39

Die deutsche Pkw-Maut verstößt gegen EU-Recht. Das hat der EuGH am Dienstag in einem Urteil entschieden. „Diese Abgabe ist diskriminierend, da ihre wirtschaftliche Last praktisch ausschließlich auf den Haltern und Fahrern von in anderen Mitgliedsstaaten zugelassenen Fahrzeugen liegt“, stellten die EU-Richter fest. Österreich hat damit durch seine Vertragsverletzungsklage einen Sieg errungen.

Die Pkw-Maut war ein Prestigeprojekt der deutschen CSU aus dem Bundestagswahlkampf 2013 und sollte auf Bundesstraßen und Autobahnen kassiert werden. Deutsche Autofahrer wären im Gegenzug für Mautzahlungen durch eine Senkung der Kfz-Steuer komplett entlastet worden, Autofahrer aus anderen Mitgliedsländern aber nicht.

Österreich erhob deshalb vor dem EuGH in Luxemburg 2017 eine Vertragsverletzungsklage. In dem Verfahren wurde Österreich von den Niederlanden unterstützt. Der für das Verfahren am EuGH zuständige Generalanwalt Nils Wahl sprach sich im Februar dafür aus, die Klage abzuweisen. Er hielt die Regelung anders als Österreich nicht für diskriminierend. Die numehrige Entscheidung kam damit ziemlich überraschend - in rund 80 Prozent der Fälle folgen die Richter nämlich seiner Rechtsansicht.

EuGH: „Mittelbare Diskriminierung“
Der EuGH begründete seine Entscheidung wie folgt: Eine Infrastrukturabgabe in Verbindung mit der Steuerentlastung bei der Kraftfahrzeugsteuer, die den in Deutschland zugelassenen Fahrzeugbesitzern zugutekommt, stelle eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar und verstoße gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs.

Die von deutschen Fahrzeugbesitzern entrichtete Infrastrukturabgabe würde vollständig kompensiert, sodass die wirtschaftliche Last dieser Abgabe tatsächlich allein auf den Besitzern und Fahrern von in anderen EU-Staaten zugelassenen Fahrzeugen liege.

Hinsichtlich des freien Warenverkehrs stellte der Gerichtshof zudem fest, dass die deutsche Pkw-Maut geeignet sei, den Zugang von Erzeugnissen aus anderen Mitgliedsstaaten zum deutschen Markt zu behindern. Auch stellt der Gerichtshof fest, dass die strittigen Maßnahmen geeignet seien, den Zugang von aus einem anderen EU-Staat stammenden Dienstleistungserbringern und -empfängern zum deutschen Markt zu behindern.

Begeisterung in Österreich
In Österreich wird das Urteil des EuGH mit großer Freude aufgenommen. Der ÖAMTC etwa spricht davon, dass es „ganz im Sinne der europäischen Idee“ sei. Nach Ansicht des Mobilitätsclubs hätte die Umsetzung der Mautpläne in Deutschland zu einer Schlechterstellung von ausländischen Autofahrern geführt. „Selbstverständlich ist es Deutschland freigestellt, eine Pkw-Maut einzuführen. Das Urteil des EuGH zeigt jedoch, dass die vorgeschlagene Variante, die deutsche Autofahrer über den Umweg der Kfz-Steuer entlastet hätte, nicht rechtskonform ist“, zeigt sich Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung, über den Ausgang der österreichischen Klage erfreut.

Ebenso zufrieden ist Österreichs Verkehrsminister Andreas Reichhardt: „Das Urteil des EuGH ist bemerkenswert und lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Ich möchte mir nicht ausmalen, was das bedeutet hätte, hätte man hier ein Präjudiz geschaffen.“ Er gehe nun davon aus, dass Deutschland die Pläne vom Tisch nimmt oder die Maut massiv ändert, sodass diese dann diskriminierungsfrei ist. „Wir unterstützen hier gerne mit Know-how, wenn das gewünscht ist“, ergänzt Reichhardt.

Der frühere Verkehrsminister und nunmehrige designierte FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer zeigt sich ebenfalls begeistert: „Ich bin froh, dass die EuGH-Richter der Argumentation Österreichs gefolgt sind. Das heutige Urteil gibt der österreichischen Position Recht.“

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