Bergsteiger-Legende

Stau am Everest: „Eitelkeit steht im Vordergrund“

Steiermark
08.06.2019 07:00

Ein Bild ging um den Globus: Am 22. Mai „staute“ es sich vor dem Gipfel des Mount Everest. Zu viele Menschen wollten den höchsten Berg der Welt bezwingen. Heuer starben dort schon elf Menschen, darunter ein Steirer. Auch die gewaltigen Müllberge erschrecken. Robert Schauer, 1978 der erste Steirer am Everest-Gipfel, bedauert die Entwicklungen am „Dach der Welt“.

„Ich habe zuerst geglaubt, dass ist eine Fotomontage“, schüttelt Robert Schauer noch immer den Kopf über die Warteschlange vor dem Everest-Gipfel. „Mich sprechen auch viele Leute fassungslos auf das Bild an.“

Dreimal stand der Grazer auf der Everest-Spitze, das letzte Mal 2004. „Bereits damals habe ich bei den Behörden deponiert, dass es Regelungen und eine bessere Koordination auf dem Berg braucht.“ Doch der Ansturm von Alpinisten hält an.

Als der Berg noch fast unberührt war
Wie anders war das 1978, als erstmals drei Österreicher - darunter auch Robert Schauer - den Mount Everest bezwangen. Sie waren alleine am mächtigen Berg. „Wir haben sieben Jahre auf eine Genehmigung gewartet, es wurde pro Frühjahr nur eine nationale Expedition zugelassen.“ Der Individualtourismus und die kommerziellen Aspekte von heute fehlten vor 40 Jahren.

Teil des Teams war damals auch „Krone“-Redakteur Werner Kopacka, dessen Texte aus dem Basislager aufwändig mit Boten und Flugzeugen nach Österreich gebracht werden mussten. „Heute schicken die Menschen Fotos vom Gipfel. Die Eitelkeit steht bei vielen im Vordergrund“, ist Schauer kritisch - gesteht aber auch, dass er durch seine Bergfilme dazu beigetragen hat, dass der Everest eine so große Faszination auf die Menschen ausübt.

Kurze Wetterfenster sorgen für Gefahr
Gefährlich wird es besonders dann, wenn zu viele Menschen in zu kurzer Zeit auf den Gipfel wollen. Das Wetterfenster ist meist kurz und stellt sich teils erst spät im Frühjahr ein. 1978 stand Schauer bereits am 3. Mai am Gipfel, 1996 war es erst am 23. Mai der Fall. In diesem Jahr kamen mehr als 30 Bergsteiger nach einem Wetterumschwung ums Leben. Schauer half mit, den Amerikaner Beck Weathers ins Lager zu retten.

Gipfel ist nicht End-, sondern Wendepunkt"
Der Grazer Alpinexperte weiß, dass es viel mehr benötigt als die körperliche Eignung, um die höchsten Berge der Welt zu bezwingen. Wetter, Wege, Zusammensetzung des Teams - es ist ein komplexes Unterfangen.

„Der Gipfel ist zudem nicht der End-, sondern nur der Wendepunkt. Manche bringen gerade noch die Energie für den Gipfel auf, dann fehlt ihnen allerdings die Kraft für den Abstieg. In dieser Höhe kann man keinen anderen Menschen auf die Schultern nehmen und ins Lager bringen.“ Gerade Inder würden derzeit den prestigeträchtigen Gipfelsieg anstreben und sich bei dem Versuch bis aufs Äußerste verausgaben.

„Staunen und Bedauern“
Würde Schauer heutzutage der 8848 Meter hohe Mount Everest überhaupt reizen? Da muss der Organisator des jährlichen Grazer Bergfilmfestivals auflachen. „Nein, der Everest ist für mich abgehakt. Ich nehme derzeit mit Staunen, aber auch mit Bedauern wahr, was sich dort abspielt“

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