Belastende Videos

„Die Unschuldsvermutung gilt auch für Polizisten“

Wien
04.06.2019 14:19

Nach den schweren Vorwürfen gegenüber der Wiener Polizei im Zuge einer Klima-Demonstration am vergangenen Freitag bezog die Exekutive am Dienstag Stellung. „Die teils absurden Anschuldigungen gegen die Wiener Polizei, die in diversen sozialen Netzwerken kursieren, werden aufs Schärfste zurückgewiesen“, heißt es aus der Pressestelle der Polizei in einem Statement am Dienstag.

Insgesamt kam es bei der Klima-Demonstration auf der Aspernbrücke zu 96 vorläufigen Festnahmen. Da sich die Aktivisten in einem Sitzstreik befanden, wurden die Beteiligten von den Beamten weggetragen. Einige Demonstranten filmten diese Szenen mit und veröffentlichen später die Videos. Eine der Aufnahmen zeigt einen Polizisten, der auf einen Aktivisten mehrmals einschlägt. In einem weiteren Video ist zu sehen, wie ein Demonstrant am Boden fixiert wird. Sein Kopf befindet sich dabei unter einem Polizeiwagen, der sich plötzlich in Bewegung setzt. In letzter Sekunde ziehen die Beamten den Mann aus dem Gefahrenbereich.

Keine weiteren Anzeigen bekannt
Laut Presseprecher Patrick Maierhofer sei der Polizei bislang lediglich der Vorfall aus dem zuerst veröffentlichten Video gemeldet worden. Der beschuldigte Beamte wurde bereits in den Innendienst versetzt. „Die nun Tage später auftauchenden, anonymen neuen Misshandlungsvorwürfe und behaupteten Verletzungen können seitens der Polizei nur dann überprüft werden, wenn sich die betroffenen Personen direkt an die Polizei wenden. Anzeigen können in jeder Polizeiinspektion gelegt werden“, so der Sprecher.

„Keine sichtbaren Verletzungen festgestellt“
Jener Aktivist, der gegenüber Medien behauptete, einen Bruch des Mittelhandknochens durch das Vorgehen eines Polizisten erlitten zu haben, sei auch noch nicht vorstellig gewesen. Laut einem Einsatzbericht der Wiener Berufsrettung „konnten keine sichtbaren Verletzungen festgestellt werden und der Betroffene konnte die Hand frei bewegen. Der Aktivist verweigerte auch gegenüber der Rettung die Herausgabe der Daten und eine weitere Untersuchung. Ob hier daher tatsächlich ein Zusammenhang besteht, kann derzeit auch auf Grund der Anonymität des Mannes nicht verifiziert werden“, heißt es in der Aussendung.

Lückenlose Aufklärung gefordert
Anonym blieben im Übrigen auch 92 der insgesamt 96 Festgenommenen. Sie hatten keine Dokumente dabei und „wirkten auch sonst an der Identitätsfeststellung nicht mit“. Nach 24 Stunden wurden sie daher wieder auf freien Fuß gesetzt. Maierhofer betonte, dass die Wiener Polizei höchste Priorität auf eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls lege. Nachsatz: „Die Unschuldsvermutung gilt nicht nur für alle angezeigten Personen, sondern auch für Polizistinnen und Polizisten im Dienst.“ Auch der ehemalige Wiener Vize-Polizeipräsident und nunmehrige ÖVP-Sicherheitssprecher Karl Mahrer forderte eine „umfassende und transparente Aufklärung“ der Vorfälle. Der ehemalige Innenminister und nunmehrige geschäftsführende FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl kritisierte das „Vorverurteilungskarussell“.

Kritik an Vorverurteilung in Sozialen Medien
Die FSG-Vertretung in der Polizeigewerkschaft kritisierte am Dienstag ebenso die Vorverurteilungen in Sozialen Medien bezüglich mutmaßlicher Polizeigewalt. Es sei nicht nachvollziehbar und unverständlich, dass die Polizei pauschal als gewaltbereit dargestellt wird, sagte der sozialdemokratische Polizeigewerkschafter Hermann Greylinger (FSG). Über Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit werden Staatsanwaltschaft und allenfalls Gerichte entscheiden.

Erschöpfung wirkt sich „auch auf Reizschwelle aus“
Fakt sei, dass Polizisten mit ihrem Einsatz „trotz Personalmangels und oft schlechter Arbeitsbedingungen für Sicherheit sorgen“, betonte Greylinger. „Die Kolleginnen und Kollegen in Wien müssen Überstunden leisten bis zum Gehtnichtmehr“, kritisierte der Gewerkschafter. Das sei alles keine Entschuldigung, „aber eine Erklärung“, sagte Greylinger. Wenn Beamte „bis zum Rand der Erschöpfung“ arbeiten müssten, würde sich dies auch auf ihre Reizschwelle auswirken. „Man muss beim System ansetzten, dass solche Dinge verhindert werden.“

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