Die Nachbarn der Familie hätten sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht und seien ebenfalls angezeigt worden. Sie hörten das Mädchen angeblich täglich stundenlang weinen.
Bei der Staatsanwaltschaft Wien war die Anzeige laut Sprecher Gerhard Jarosch am Mittwoch noch nicht eingegangen. Das Jugendamt (MA 11) zeigte sich bezüglich möglicher Ermittlungen gelassen: "Eine Anzeige geht ganz bestimmte Wege und wir werden alles, was wir dazu sagen können, sagen", betonte Sprecherin Herta Staffa.
"Eine Psychose kann sie und mich morgen auch treffen"
Die Anschuldigung, man habe zu wenig getan, will das Amt nicht gelten lassen: "Eine Psychose kann sie und mich morgen auch treffen", so Staffa über die Erkrankung der Mutter. Beim Abschluss der Betreuung durch das Jugendamt im Juni 2009 habe die Frau ihr Drogenproblem mit Hilfe von Substitutionsmitteln im Griff gehabt. "Es gibt viele Menschen mit Kindern und chronischen Erkrankungen - Sucht ist auch eine chronische Krankheit", meinte die Sprecherin. "Wenn die gut behandelt ist, können Betroffene durchaus die Bedürfnisse ihrer Kinder wahrnehmen."
"Totale Kontrolle" wäre einzige Alternative
Die Forderung, dass man nach Juni 2009 mehr hätte tun müssen, entspreche nicht dem Ansatz des Jugendamtes: "Wenn eine Krise bewältigt ist, lassen wir sie wieder alleine leben", so Staffa über die betreuten Familien. Risikofaktoren würden überprüft und danach entsprechende Entscheidungen getroffen. Die Alternative wäre, dass man immer nach dem Rechten sehen und Kinder bis zur Volljährigkeit pausenlos begleiten müsse, meinte Staffa. "Wenn man das gesellschaftspolitisch will, dass in jeder Familie, in die ein Kind hineingeboren wird, die totale Kontrolle hergestellt wird."
Vom Vater fehlt weiterhin jede Spur
Das dreijährige Mädchen aus Wien befindet sich nach wie vor im Spital und soll spätestens nach Ostern in eine Krisen-Pflegefamilie kommen. Laut der MA-11-Sprecherin fand am Dienstag das erste Gespräch mit der Mutter statt. Wegen des Ausbruchs einer Psychose könne sich die 26-Jährige kaum an die vergangenen Wochen erinnern, erklärte sie. Die Frau muss vermutlich noch mehrere Wochen in Behandlung bleiben. Der Vater der Dreijährigen ist seit dem Vorfall untergetaucht und meldet sich nicht. Besucht wird das Mädchen derzeit nur von der Großmutter (väterlicherseits), die sich als Berufstätige bisher allerdings nur fallweise um das Kind kümmern konnte.
Entdeckt hatte die Feuerwehr das verwahrloste Mädchen am 25. März gegen 18.15 Uhr bei einem Routineeinsatz wegen eines Rohrbruches in der Leopoldau in Floridsdorf. Die Wohnung war stark verschmutzt, die Dreijährige dürfte mangelhaft hygienisch versorgt worden sein und wies am Körper mehrere offene Hautstellen auf. Mutter und Kind lebten bis vor kurzem in einer Wohnung in Favoriten. Wegen einer drohenden Delogierung zogen sie kürzlich nach Floridsdorf um.
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