Tretroller-Wildwuchs

Paris kämpft gegen E-Scooter-Anarchie

Elektronik
17.05.2019 09:36

Für die einen sind sie der Inbegriff moderner Bewegungsfreiheit, für andere ein gefährliches Ärgernis - und für wieder andere sogar ein Wurfgeschoss gegen Polizisten bei den „Gelbwesten“-Protesten: E-Scooter sorgen in Paris bereits seit geraumer Zeit für waghalsige Slalomfahrten auf Gehwegen, glänzende Augen bei Touristen oder konsternierte Senioren. Um die wachsende Anarchie bei den elektrischen Leih-Tretrollern einzudämmen, nehmen die Behörden die Anbieter nun stärker unter Kontrolle.

Rund 15.000 E-Scooter zum Leihen per Smartphone-App gibt es in der französischen Hauptstadt bereits, bis zum Jahresende könnten es 40.000 werden. Erst am Mittwoch stieg auch Sprint-Superstar Usain Bolt mit seiner Firma Bolt Mobility in den Markt ein. Beliebt sind die Flitzer vor allem bei Touristen und jungen Leuten. „Das ist so einfach, das ist die Freiheit“, schwärmt etwa der Italo-Tunesier Josra Hadsch Dschabid, der die Roller täglich nutzt.

„Schnell, unkompliziert und witzig“, stimmt nahe des Eiffelturms auch ein Touristenpaar aus Großbritannien in den Chor der E-Scooter-Fans ein. Zeitgleich surren Dutzende Roller mit Parisbesuchern oder hastigen Hauptstadtbewohnern am Seine-Ufer entlang.

„Wo ist das Pflichtgefühl?“
Viele Pariser teilen diese Begeisterung allerdings ganz und gar nicht. Vor allem achtlos abgestellte oder zurückgelassene Mietroller sorgen für Ärger. „Wo ist das Pflichtgefühl?“, klagt der 88-jährige Yves Goupil, der jeden Tag an den Ufern spazieren geht. „Sie schmeißen die Roller sogar in die Seine!“

Benutzt wurden die Roller wiederholt auch als behelfsmäßige Waffe im Zuge von Ausschreitungen bei den Protesten der „Gelbwesten“ gegen die Reformpolitik von Präsident Emmanuel Macron.

Zudem seien die Roller „supergefährlich“, kritisiert die Stylistin Juliette. Tatsächlich ist es in Paris ungewöhnlich, einen E-Scooterfahrer mit Helm zu sehen. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Ökobilanz der Roller. Laut einer US-Studie aus Kentucky beträgt die durchschnittliche Lebensdauer der Akku-Roller von Leihanbietern gerade einmal 28 Tage.

„Charta für gutes Fahren“
Um den E-Scooter-Wildwuchs in Paris zu beenden, unterzeichnete die Stadt am Montag einen Verhaltenskodex mit den Anbietern. Verleiher wie Lime, Bird und Tier verpflichten sich damit, das wilde Parken der Roller zu unterbinden. Die Stadt wiederum will 2500 Stellplätze zur Verfügung stellen. Außerdem sollen die Anbieter die Roller recyceln und mit grüner Energie versorgen, um die Ökobilanz zu verbessern.

Wenn diese „Charta für gutes Fahren“ scheitere, sei die Stadt gezwungen, die Roller vorläufig zu verbieten, drohte der Beauftragte für Städtebau, Jean-Louis Missika. Bereits Anfang April hatte der Stadtrat ein Verbot der E-Scooter auf Gehwegen beschlossen. Bei Zuwiderhandeln droht künftig ein Bußgeld von 135 Euro, wildes Parken soll mit 35 Euro bestraft werden.

Ab Herbst will die französische Verkehrsministerin Elisabeth Borne zudem Roller verbieten, die schneller als 25 Stundenkilometer fahren. Helme sollen dann für unter Zwölfjährige Pflicht werden. Borne will damit nach eigenen Worten das „Gesetz des Dschungels“ beenden.

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