Missbrauchsfälle

Klasnic wird Opferbeauftragte der Kirche

Steiermark
28.03.2010 16:30
Die ehemalige steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic (64) wird "unabhängige Opferbeauftragte" der katholischen Kirche. Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn reagiert damit auf das Bekanntwerden von immer mehr Missbrauchsfällen in Kirchenkreisen. Klasnic werde in den kommenden Wochen eine unabhängige Kommission ("keine Amtsträger der Kirche") zusammenstellen.

Klasnic, die sich zurzeit im Ausland befindet, meldete sich am Sonntag schriftlich zu Wort: Ihr Ziel sei es, die Tätigkeit "rasch und wirksam aufzunehmen - wenn möglich noch vor Ende April". Es handle sich um keine einfache Aufgabe, aber um eine "Ehrenpflicht".

"Völlige Unabhängigkeit" zugesichert
Klasnic erklärte, dass ihr von Kardinal Christoph Schönborn "völlige Unabhängigkeit zugesagt" wurde, die aus ihrer Sicht eine "unabdingbare Voraussetzung für eine glaubwürdige und vertrauensvolle Tätigkeit" sei. Die ehemalige ÖVP-"Landesmutter" im Wortlaut: "Mir ist bewusst, dass auf die Opferschutzanwaltschaft eine nicht einfache Aufgabe zukommt, aber ich habe es als meine Ehrenpflicht angesehen, die Anfrage des Kardinals positiv zu beantworten, wenn es die Meinung gibt, ich könne einen Beitrag dazu leisten, Opfern Hilfestellung zu geben und mitzuwirken, dass sehr Leidvolles aus der Vergangenheit ehrlich aufgearbeitet wird und Lehren für das Heute und Morgen gezogen werden."

Kapellari: "Wichtiger Dienst"
Der steirische Diözesan-Bischof Egon Kapellari dankte Waltraud Klasnic für ihre Bereitschaft. Er verwies darauf, dass sie sich bereits ehrenamtlich in mehreren Bereichen des sozialen Lebens engagiert habe (siehe auch Story in der Infobox) und bedankte sich "für die Bereitschaft, nun einen weiteren wichtigen Dienst für Gesellschaft und Kirche" zu übernehmen.

Finanzierung ohne Beitragsmittel
Die künftige "unabhängige Opferbeauftragte" der katholischen Kirche in Missbrauchsfragen soll am Gründonnerstag mit Kardinal Schönborn zusammentreffen, um die weitere Vorgangsweise festzulegen. Für die Finanzierung der Tätigkeit werde die Kirche aufkommen, wobei keine Kirchenbeitragsmittel eingesetzt werden, betonte der Schönborn in der ORF-"Pressestunde".

Die Bestellung Klasnics sei mit den anderen Bischöfen abgesprochen. Eine staatliche Untersuchungskommission will er damit nicht vermeiden, auch mit einer solchen wolle man kooperieren. Zur Anzeigepflicht meinte Schönborn, dass eine solche bei "gravierendem Verdacht" stattfinden müsse. Wenn sich die Opfer dies allerdings ausdrücklich nicht wünschten, müsse man das aber respektieren.

Enge Zusammenarbeit mit Ombudsstellen
Schönborn würdigte die "starke soziale Kompetenz und die Sensibilität von Waltraud Klasnic". Selbstverständlich werde es eine enge Zusammenarbeit mit den ab 1996 aufgebauten kirchlichen Ombudsstellen geben, betonte der Kardinal. Diese würden "eine zuverlässige und vertrauenswürdige Arbeit leisten". Die "unabhängige Opferbeauftragte" soll auch mit ihrem Team festlegen, wo finanzielle Zuwendungen notwendig sind.

Wo Täter noch belangt werden können, so Schönborn, müssten sie zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn diese bereits verstorben sind, müsse man - etwa zur Finanzierung von Therapien - "einspringen". Zu einem Opferfonds wollte sich der Kardinal nicht eindeutig äußern. Er betonte weiters, dass es eine bessere Koordination der diözesanen Ombudsstellen brauche.

Er selbst, Schönborn, wisse von der Schwere der Missbrauchsfälle in der Kirche erst seit dem Fall Groër (schwere Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen im Jahr 1995). "Das war für mich ein ungeheurer Schock."

Grüne und Opfervertreter unzufrieden
Nicht ganz zufrieden zeigten sich Opfervertreter und die Grünen mit dem Schritt der Kirche. Die "Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt" stellte die Unabhängigkeit der angekündigten Kommission infrage. Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser sieht in Schönborns Entscheidung nur einen Anfang bei der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle. Die Kirche müsse die Opfer direkt entschädigen.

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