Will Konfrontation

Wiener Anwalt: „Böhmermann fehlt der Mut“

Wien
15.05.2019 11:05

Als „acht Millionen Debile“ hatte der deutsche Satiriker Jan Böhmermann die Österreicher in einem ORF-Interview bezeichnet. Der Wiener Anwalt Wolfgang List drohte daraufhin bereits mit einer Unterlassungsklage, nun folgt der nächste Streich. Per Gerichtsantrag will er den Geisteszustand des Satirikers prüfen lassen: „Er beleidigt in Wirklichkeit kranke Menschen und einer, der sich über kranke Menschen lustig macht, ist selber ein kranker Mensch.“ List stellt tatsächlich einen Antrag auf Sachwalterschaft!

Die umstrittenen Aussagen Böhmermanns waren in einem Beitrag über seine Ausstellung in der ORF-Sendung „Kulturmontag“ gefallen. In Anspielung auf ein Zitat des Schriftstellers Thomas Bernhard, der die Österreicher einst als „sechseinhalb Millionen Debile und Tobsüchtige“ bezeichnet hatte, sagte Böhmermann: Das „Rad der Zeit“ habe sich weitergedreht, nun seien es „acht Millionen Debile“. Der Moderator nickte und Clarissa Stadler sah sich genötigt, eine nachträgliche Distanzierung anzubringen - auch wegen der regierungskritischen Statements des deutschen Satirikers.

Strafanzeige gegen „komplett Österreich“
Nach der Aufforderung Lists, den „Debile-Sager“ zurückzunehmen - andernfalls drohe ihm eine Unterlassungsklage - witzelte Böhmermann diese Woche auf seinem Twitter-Profil munter weiter. Er habe gegen „komplett Österreich“ eine Strafanzeige erstattet, „wegen schwerer Herabwürdigung europäischer Grundwerte und des Verbrechens gegen das Ansehen deutschsprachiger Menschen in der Welt“. Und weiter: „Als Strafe droht Österreich nun ein Leben lang das hier“ - dabei zeigte er Fotos von Vizekanzler Heinz Christian Strache.

„Wer das macht, ist ein kranker Mensch
List hat seine Kanzlei im Villenviertel des 18. Wiener Gemeindebezirkes. Er liebt heikle Fälle - brachte eine Sammelklage gegen die GIS-Gebühren ein. Um Politik gehe es ihm nicht, betont er. Eher um die Chuzpe Böhmermanns, Debilität als Krankheit zu missbrauchen. „Wer das macht, ist ein kranker Mensch“, sagt List. Daher soll das Amtsgericht Köln nun prüfen, ob ein Verfahren gemäß dem Betreungsrecht (staatliche Rechtsfürsorge) eingeleitet werden soll. Wenn sich herausstellen sollte, dass Böhmermann „wegen seines Geisteszustands“ nicht prozessfähig sei, „dann war es das halt“. Falls er es aber doch ist, erwartet ihn die Klage.

1500 begeisterte Mails eingetrudelt
Den Zuspruch eines beachtlichen Publikums hat der Jurist jedenfalls. „Meine Mitarbeiter haben das ganze Wochenende durcharbeiten müssen, um die ganzen Mails aus der Schweiz, aus Deutschland und Österreich zu bearbeiten.“ Die Kanzlei erreichten in nur drei Tagen 1500 E-Mails, anstatt etwa 30, wie in anderen Fällen üblich. Darin bedanken sich Kritiker des Satirikers aus dem deutschsprachigen Raum für seine Offensive. „Viele Deutsche haben sich sogar entschuldigt für Böhmermann. Es scheint, als wäre auch die deutsche Nation geteilter Meinung.“

500-Euro-Spende angeboten
Aber nicht nur Zusprüche und Entschuldigungen muss das Anwalt-Team nun beantworten. Viele wollen der Kanzlei sogar Geld für einen drohenden Prozess spenden. List konnte es fast nicht glauben: „Einer bot sogar 500 Euro an!“

„Böhmermann fehlt Mut für Treffen“
Gegen eine Klage von Böhmermann hätte der streitbare Jurist absolut nichts, es würde ihm sogar „Freude bereiten“. Am liebsten aber wäre dem Anwalt eine öffentliche Diskussion mit dem Satiriker. „Dann würde ich Böhmermann bei der Gelegenheit zeigen, wie ,debil‘ wir Österreicher sind.“ Dies hält er allerdings für unwahrscheinlich. „Böhmermann redet groß über Leute, aber für eine Auseinandersetzung fehlt ihm der Mut.“

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