Lindner mittendrin

Zürich-Skandal: „Hosen runter – verpisst euch!“

Fußball International
14.05.2019 07:26

Wie Österreichs Teamtorhüter Heinz Lindner den Skandal rund um den Abstieg von Grasshoppers Zürich miterlebte - und warum sein „Verhandeln“ mit den Chaoten unter den Fans erfolglos blieb.

Sie wollten nur mit ihm reden. Denn sie akzeptieren nur noch ihn, sonst keinen anderen Spieler: „Außer Lindner könnt ihr alle gehen!“ Also ging Heinz Lindner in Luzern in der 68. Minute, kurz nachdem das 0:4 gefallen und der Abstieg der Züricher Grasshoppers auch rein rechnerisch klar gewesen war, zu den „Fans“, die bereits den Zaun überklettert und sich gefährlich am Spielfeldrand „aufgebaut“ hatten.

„Weiterspielen war keine Option“
Um mit ihnen zu reden und einen Abbruch zu verhindern. Aber schließlich musste auch der Kapitän kapitulieren: „Ich habe mit ihnen das Gespräch aufgenommen und versucht zu verhandeln. Aber es war relativ schnell klar, dass Weiterspielen keine Option mehr war.“ Die Forderung der Wahnsinnigen: „Gebt das Leibchen her! Lasst die Hosen runter! Verpisst euch!“ Jeder Spieler sollte einzeln aus der Kabine kommen, sich bis auf die Unterhosen vor den Fans ausziehen und dann über das Spielfeld zurücklaufen. „Zu mir haben sie nur gesagt, dass sie die Leibchen wollen, das andere habe ich erst später gehört“, so Lindner. Der Kompromiss: Die Spieler händigten den Chaoten (deren Anführer ein bekannter Neonazi sein soll) ihre Leibchen aus, erst danach verließen diese das Stadion.

Bereits vor acht Jahren, am 22. Mai 2011, war Lindner als Austria-Tormann bei einem ähnlichen Skandal dabei gewesen, als Rapid-Chaoten im Hanappi-Stadion das Feld gestürmt und nach 26 Minuten einen Abbruch des Wiener Derbys erzwungen hatten.

Österreicher war Hauptdarsteller
Diesmal spielte er keine Nebenrolle, sondern war der Hauptdarsteller:

 „Das geht mir sehr nahe. Unser Klub hat sich sehr unrühmlich in die Zweite Liga verabschiedet. Ein Klub mit so viel Tradition, so viel Flair, das tut sehr weh.“

 „Ich habe im Gespräch mit den Fans herauszufiltern versucht, was noch möglich ist, habe aber relativ bald den Verantwortlichen und dem Schiedsrichter mitgeteilt, dass es kein Weiterspielen geben wird. Ich kann den Unmut der Fans verstehen, aber trotzdem hat alles seine Grenzen!“

„Wenn das Hergeben der Leibchen dazu beigetragen hat, Ausschreitungen oder Gewalt zu verhindern, ist es egal, ob es entwürdigend ist oder nicht. Das war in Europa schon öfters bei Klubs der Fall, dazu stehen wir.“

Noch drei Runden überstehen
Der Traditionsverein ist seit Oktober 2018 sieglos, feuerte im Frühjahr Ex-Austria-Trainer Thorsten Fink, trennte sich auch von Raphael Holzhauser, drei Runden muss der 28-jährige Lindner noch „überstehen“, dann ist für Österreichs Teamtormann Schluss.

Denn dass er in die zweite Liga geht, ist unvorstellbar. Sein Vertrag läuft nach dieser Saison aus, „ich rede aus Respekt vor den Grasshoppers, die mich damals als Frankfurt-Reservist geholt haben, mit dem Klub, habe aber auch andere Angebote.“ Anzunehmen, dass er solche Wochen wie die letzten nicht mehr erleben will.

Peter Klöbl, Kronen Zeitung

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(Bild: KMM)



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