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Worum geht es eigentlich bei der EU-Wahl?

Österreich
13.05.2019 15:55

Von 23. bis 26. Mai wählen die Bürger der 28 EU-Mitgliedsländer ein neues EU-Parlament. In Österreich werden die Wahllokale, wie in den meisten anderen Staaten auch, am Sonntag, den 26. Mai geöffnet sein. Doch worum geht es eigentlich bei der EU-Wahl, wer tritt an und warum ist es - trotz der großen Anzahl an Wählern - wichtig, dass wir abstimmen? krone.at hat die wichtigsten Fragen und Antworten zur EU-Wahl zusammengetragen.

Worum geht es eigentlich bei der EU-Wahl und wie wird abgestimmt?
Die Bürger der EU-Mitgliedsstaaten wählen ihre Vertreter im Europäischen Parlament (Sitz: Straßburg). Das EU-Parlament ist die Vertretung aller EU-Bürger und wirkt unter anderem bei der Gesetzgebung mit. Die Wahl findet alle fünf Jahre statt. Sie funktioniert so wie eine Nationalratswahl - man wählt Parteien und kann Vorzugsstimmen für seinen jeweiligen Kandidaten vergeben. Wahlkarten werden seit Anfang Mai verschickt, seit 25. April müssen alle Kandidaten und Wahllisten fix sein. Die meisten der 28 EU-Länder wählen am 26. Mai. Nur die Niederlande, Irland, Tschechien, die Slowakei, Malta und Lettland stimmen schon in den drei Tagen davor ab. Gewählt werden 751 Abgeordnete, Österreich entsendet 18 Vertreter.

Apropos Brexit: Was ist eigentlich mit Großbritannien?
Die Briten müssen bei der EU-Wahl teilnehmen. Aktuell liegt in Umfragen die Brexit-Partei von Hardliner Nigel Farage auf Platz eins. Mit großem Abstand folgt die größte Oppositionspartei Labour, dann die Liberaldemokraten, die britischen Grünen - und erst auf Platz fünf die Tories der aktuellen Premierministerin Theresa May. Mays Brexit-Deal ist schon dreimal im Parlament durchgefallen. Ursprünglich war der EU-Austritt Großbritanniens für Ende März geplant gewesen. Doch dann wurde ein Aufschub gewährt. Nach derzeitigem Stand bleibt das Vereinigte Königreich bis höchstens Ende Oktober in der EU.

Aber zurück zu Österreich: Wer tritt eigentlich für welche Partei an?
Neben ÖVP, SPÖ, FPÖ, NEOS, den Grünen und Liste Jetzt hat es auch noch die KPÖ Plus auf den Stimmzettel geschafft. Dafür waren mindestens 2600 Unterstützungserklärungen in ganz Österreich notwendig. In Sachen Spitzenkandidaten setzt die ÖVP mit Othmar Karas auf einen erfahrenen EU-Politiker. Karoline Edtstadler, Staatssekretärin im Innenressort, tritt als Listenzweite an. Ebenfalls auf den oberen Listenplätzen gereiht sind Angelika Winzig, Simone Schmidtbauer, Lukas Mandl und Ex-ORF-Star Wolfram Pirchner. Sollten sich die Umfragen bewahrheiten, ziehen sie alle ins EU-Parlament ein.

Die SPÖ schickt Ex-Klubchef Andreas Schieder ins Rennen. Er war bislang nicht im EU-Parlament tätig, kann sich aber von seiner Zweitgereihten, Evelyn Regner, Tipps holen. Die studierte Juristin ist seit 2009 Mitglied des EU-Parlaments. Die vier weiteren Plätze, die die SPÖ laut Umfragen ergattern wird, gehen an Günther Sidl, Bettina Vollath, Hannes Heide und SJ-Chefin Julia Herr.

Die FPÖ setzt mit Harald Vilimsky ebenfalls auf einen EU-Veteranen. Seit 2014 sitzt er im Straßburger Parlament. Sollten die Freiheitlichen tatsächlich auf insgesamt fünf Mandate kommen, ziehen zusätzlich noch Georg Mayer, Petra Steger, Roman Haider und Vesna Schuster in die EU-Vertretung ein.

Werner Kogler soll für die krisengebeutelten Grünen endlich wieder einen Wahlerfolg einfahren. Prominente Unterstützung bekommt er von Starköchin Sarah Wiener, die als Listenzweite ins Rennen geht. Allerdings dürfte Kogler laut Umfragen der Einzige von der grünen Liste sein, der den Parlamentseinzug schafft.

An der Spitze der NEOS-Liste steht Claudia Gamon. Glaubt man der Wahlprognose, wird sie als einzige NEOS-Politikerin ins EU-Parlament ziehen. In der letzten Legislaturperiode saß Angelika Mlinar für die NEOS im EU-Parlament.

Die Liste Jetzt tritt unter dem Namen „Initiative 1 Europa“ an, der Ex-Grüne Johannes Voggenhuber wurde als Spitzenkandidat ins Rennen geschickt. Mit ihm auf der Liste stehen insgesamt acht Personen, darunter die Schauspielerin und Regisseurin Marion Krainer sowie die Juristin Gabriele Faller. Ob sie überhaupt den Einzug schaffen, ist aber fraglich. Voggenhuber selbst hat reichlich Europa-Erfahrung: Von 1995 bis 2009 saß er für die Grünen im EU-Parlament.

Die Mandatsverteilung erfolgt genau wie bei der Nationalratswahl. Abhängig davon, welche Partei wie viele Stimmen erhält, werden die Sitze vergeben. Nationalrats- und EU-Wahlen sind die einzigen bundesweiten Parlamentswahlen. Deshalb hat die Kür der EU-Abgeordneten immer auch innenpolitischen Testcharakter. Bisherige Urnengänge zeigten aber: Die Wähler machen sehr wohl Unterschiede: Sie schickten zwar meist dieselben Parteien in die Parlamente, kürten auf EU-Ebene aber meist einen anderen Sieger. Und ÖVP und Grüne schnitten da meist besser, SPÖ und FPÖ schlechter ab als bei der NR-Wahl davor.

Auch ist es möglich, Vorzugstimmen zu vergeben. Für eine Vorreihung müssen fünf Prozent der Wähler einer Partei einer Kandidatin/einem Kandidaten ihre Vorzugsstimme gegeben haben. Besonders „alt“ werden EU-Parlamentarier übrigens nicht: Denn jeder siebente EU-Mandatar, der bei der Konstituierung 2014 dabei war, ist inzwischen ausgeschieden und hat nicht die volle Legislaturperiode mitgemacht.

Was genau tut eigentlich das EU-Parlament?
Im Prinzip funktioniert das EU-Parlament sehr ähnlich wie der österreichische Nationalrat. Eine der wesentlichsten Aufgaben ist der Beschluss von EU-Gesetzen, diese teilt sich das Parlament mit dem Rat der Europäischen Union. Dabei wird über Gesetzesvorschläge, die von der EU-Kommission eingebracht werden, entschieden. Außerdem entscheiden die Abgeordneten über den Haushalt der Europäischen Union, also über das EU-Budget. Die dritte und wichtigste Aufgabe ist die Kontrollfunktion mit Hilfe von Untersuchungsausschüssen.

Welche Parteien sind im EU-Parlament vertreten?
Aktuell stärkste Fraktion mit 217 Sitzen ist die Europäische Volkspartei (EVP), der auch die ÖVP gehört. Auch die deutsche CDU und die bayrische CSU sind Teil dieser Fraktion. 186 EU-Abgeordnete umfasst derzeit die Progressive Allianz der Sozialdemokraten (SPE), zu der die SPÖ gehört. Auch die deutsche SPD und die britische Labour-Partei gehören dazu. Die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) ist mit 76 Sitzen die drittstärkste Fraktion. Hier ist keine österreichische Partei Mitglied.

Die Allianz der Liberalen und Demokraten (ALDE) umfasst die österreichischen NEOS und die deutsche FDP. Sie zählt 68 Mitglieder aus 21 Ländern und ist damit die viertstärkste Gruppe im Parlament. 52 Abgeordnete waren zuletzt für die Grünen/Freie Europäische Allianz in Straßburg. Hier gehören auch die österreichischen Grünen dazu.

Die Fraktion Europa der Nationen und Freiheit (ENF) ist ein Zusammenschluss der rechtspopulistischen Parteien Europas. Die FPÖ ist hier genauso wie das französische Rassemblement National von Marine Le Pen mit dabei. Auch die Lega Nord von Italiens Innenminister Matteo Salvini gehört dazu. In der vergangenen Periode war die ENF insgesamt 37 Mitglieder stark. Es wird erwartet, dass diese Zahl mit der Wahl 2019 wächst. Zudem saßen zuletzt 22 fraktionslose Mitglieder im EU-Parlament. Sollten Johannes Voggenhuber und die Liste Jetzt den Einzug schaffen, werden sie wohl vorerst zu dieser Gruppe gehören.

Wie schaut es mit der Wahlbeteiligung aus?
Das ist ein wenig das Sorgenkind der EU-Demokratie. Denn bei der letzten EU-Wahl im Jahr 2014 lag die Wahlbeteiligung in Österreich bei 45,4 Prozent - was immer noch über dem europaweiten Durchschnitt liegt, denn der betrug lediglich 42 Prozent. Aktuelle Umfragen sagen eine leichte Steigerung voraus, aktuellen Umfragen zufolge wollen aber nach wie vor lediglich 49 Prozent der Österreicher zur Wahl gehen.

Was ist der europäische Spitzenkandidat und warum gibt es ihn?
Jede im EU-Parlament vertretene Fraktion nominiert einen europaweiten Spitzenkandidaten. Dieser kann sich nach der Wahl für eines der mächtigsten Ämter der EU bewerben: das des Kommissionspräsidenten. 2014 machte Jean-Claude Juncker, damals europaweiter Spitzenkandidat der EVP, das Rennen. Um seine Nachfolge rittern nun der Deutsche Manfred Weber (EVP), der Niederländer Frans Timmermans (SPE), die Dänin Margrethe Vestager (ALDE), sowie die Deutsche Ska Keller und der Niederländer Bas Eichkout (beide Grüne). Die ENF hat noch keinen europaweiten Spitzenkandidaten nominiert. Die besten Chancen auf den Posten, der vom Parlament per Mehrheitsabstimmung besetzt wird, haben Weber und Timmermans, da traditionell die mandatsstärksten Parteien den EU-Kommissionspräsidenten stellen.

Wann wird das offizielle Wahlergebnis bekannt sein?
Die EU-Wahl am 26. Mai stellt die Medienbranche vor eine neue Herausforderung. Die Wahllokale in Österreich schließen zwar um 17 Uhr, nach einer Vorgabe der EU-Kommission dürfen die Wahlbehörden Resultate aber erst nach dem EU-weiten Wahlschluss (23 Uhr) an Medien weitergeben. Ab 17 Uhr sollen allerdings erste Prognosen vorliegen. Das offizielle Endergebnis folgt dann in der Nacht auf Montag.

Was sind die „Baustellen“ der EU in den kommenden Jahren?
Sattelfest sollten die neuen EU-Spitzenpolitiker besonders bei den Themen Industrie, Asyl/Migration und Klima sein:

  • Industrie und Wettbewerbspolitik: China stützt seine heimische Wirtschaft mit milliardenschweren Subventionen und bündelt alle Kräfte, um in den nächsten Jahren neue Weltmarktführer zu schaffen. Europa sucht darauf nach Antworten. Die Überlegungen reichen von einer Reform des EU-Fusionsrechts, um großen Unternehmen Zusammenschlüsse zu erleichtern, bis zu verstärkten industriepolitischen Staatshilfen. Auch das Verhältnis der EU zu US-Präsident Donald Trump ist nach einem Streit um Sonderzölle angespannt.
  • Asyl/Migration: Als 2015 Hunderttausende Migranten nach Europa kamen, waren viele EU-Staaten heillos überfordert. Mittelmeerländer wie Italien und Griechenland ächzten unter der Last. Seitdem ist in der EU zwar einiges geschehen - allerdings hauptsächlich in Fragen der Sicherheit. Die große Asylreform steht aus. Und noch immer sind die EU-Staaten meilenweit davon entfernt, sich auf eine Verteilung von Asylsuchenden auf alle Mitgliedsländer einigen zu können.
  • Klima: Die EU soll bis 2050 klimaneutral werden - zumindest, wenn es nach der EU-Kommission geht. Das bedeutet, dass Wirtschaft, Energieversorgung und Verkehr so umgebaut werden müssen, dass keine neuen Treibhausgase entstehen oder diese Gase eingefangen werden. Dabei ist die langfristige Klimaschutzstrategie der EU noch unklar. Ziel der EU-Länder ist, sich bis 2020 auf ein gemeinsames Vorgehen für die kommenden Jahrzehnte zu einigen.
  • Euro/Währungsunion: 19 EU-Staaten haben den Euro bereits, bis auf Großbritannien und Dänemark sollen ihn nach dem EU-Vertrag alle einmal haben. Damit ist jedoch auf absehbare Zeit nicht zu rechnen. In den nächsten fünf Jahren könnten aber etwa Bulgarien und Kroatien der Gemeinschaftswährung beitreten. Allerdings müssen diese Länder noch einige Entwicklungen vollziehen, um mit ihrem Beitritt den Euro nicht zu schwächen.
  • Entscheidungsfindung/Bürokratieabbau: Schon heute tun sich die Länder mit dem Einstimmigkeitsprinzip schwer, regelmäßig scheitert daran eine gemeinsame Haltung in heiklen außenpolitischen Fragen, auch eine Sondersteuer für Digitalriesen wie Google und Facebook kam nicht zustande. Deshalb schlug die EU-Kommission vor, in einigen Bereichen zu Mehrheitsentscheidungen überzugehen. Dafür wären jedoch Änderungen der EU-Verträge nötig - und dafür braucht es Einstimmigkeit. Noch schwieriger könnte es werden, wenn die EU neue Mitglieder bekommt. Derzeit sind es 28, nach dem Brexit wären es noch 27. Die Aussicht auf einen Beitritt haben derzeit vor allem Westbalkan-Staaten, darunter beispielsweise Bosnien-Herzegowina und Nordmazedonien. Geografisch liegen sie mitten in Europa, politisch und wirtschaftlich trennen sie von den EU-Staaten teilweise Welten.
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