"Kriegsrhetorik"

Bettelverbot im Wiener Landtag beschlossen

Wien
26.03.2010 14:56
Im Wiener Landtag ist am Freitag das Verbot der gewerbsmäßigen Bettelei beschlossen worden. Neben der Mehrheitsfraktion SP stimmten auch VP und FP der entsprechenden Novelle des Landessicherheitsgesetzes zu, wobei auf Antrag der Grünen eine namentliche Abstimmung erfolgte. Die Oppositionspartei hatte bis zuletzt versucht, mit mehreren Anträgen - die allerdings allesamt abgelehnt wurden - den Beschluss zu verhindern oder zu verzögern. Die Volkspartei zeigte sich überwiegend zufrieden, die Freiheitlichen wünschten sich ein generelles Bettelverbot.

Bei Verstoß kann gewerbsmäßiges Betteln somit spätestens ab Ende Juni mit Strafen von bis zu 700 Euro belangt werden. Abgesehen davon ist es künftig auch möglich, Personen wegzuweisen, die den Zugang zu öffentlichen Einrichtungen behindern bzw. die "unzumutbare Beeinträchtigungen" beim "widmungsgemäßen Gebrauch" derselben verursachen. Aggressives Betteln bzw. Betteln mit Kindern ist in der Bundeshauptstadt schon länger verboten.

Dem heutigen Beschluss war eine lebhafte Debatte vorangegangen, die bereits in der Aktuellen Stunde ihren Anfang nahm. Diese hatte die FP über, welche in der Gesetzesnovelle eine "Beruhigungspille vor der Wahl" vermutete. FP-Mandatar Johann Gudenus forderte ein generelles Bettelverbot, wie es ein solches auch in anderen Bundesländern gebe. "So gut wie jeder Bettler ist ein Fußsoldat der Bettlermafia", so seine Begründung. Letztere bereichere sich, indem sie Menschen versklave und wie Tiere halte. "Für die Menschen, gegen mafiöse Strukturen", rief der Freiheitliche als Gebot der Stunde aus. Er sah in der Novelle jedenfalls einen Teil der blauen Forderungen umgesetzt.

"Bettelei ist die Vorstufe zum Menschenhandel"
Zufriedener zeigte sich die VP. Der Abgeordnete Wolfgang Ulm bezeichnete die Gesetzesänderung als "großen Wurf, um Bettelei zu unterbinden". Das Verbot sei um einiges mehr als eine Beruhigungspille, gab sich der Stadtkonservative in Richtung Sozialdemokratie konziliant: "Bettelei ist die Vorstufe zum Menschenhandel." Er forderte zugleich aber weitere Maßnahmen zur "kommunalen Kriminalprävention" wie etwa Schritte gegen das kleine Glücksspiel oder die Drogenszene.

Konträr argumentierten die Grünen. "Dieses Gesetz bekämpft nicht die Armut, sondern die Armen", kritisierte der nicht amtsführende Stadtrat David Ellensohn: "Niemand sitzt auf der Straße und hat einen Mordsspaß dabei." Irritiert zeigte er sich auch über die übervolle Besuchergalerie - darunter auch Bernhard Häupl, Sohn des Wiener SP-Bürgermeisters. Dies komme der SPÖ sehr zupass, da gleichzeitig Aktivisten der "Bettellobby" aus genau diesem Argument nicht mehr zugelassen worden seien, zweifelte der Grün-Politiker am Zufall des großen Andrangs. Die Sozialdemokraten hätten vielmehr ein schlechtes Gewissen aufgrund ihrer eigenen Novelle.

"Unübertroffenen Kriegsrhetorik, Hektik und Alarmismus"
SP-Mandatarin Nurten Yilmaz verteidigte die Änderung des Landessicherheitsgesetzes. Man wolle nicht weiter zusehen, wie Menschen ausgenützt und instrumentalisiert würden. Ein generelles Bettelverbot lehnte sie jedoch entschieden ab: "Die Polizei braucht sich auch weiterhin nicht darum kümmern, ob an einer Straßenecke jemand um ein paar Cents bittet." Es gehe nur um die Bekämpfung gewerbsmäßigen Bettelns und dessen Hintermännern. Der FP empfahl sie angesichts der "unübertroffenen Kriegsrhetorik, Hektik und Alarmismus" eine Beruhigungspille. Eine solche sei - anders als im Titel der Aktuellen Stunde behauptet - die beschlossene Novelle jedenfalls nicht.

Bereits am Donnerstag hatten NGOs wie die Caritas oder die Armutskonferenz die Regelung scharf kritisiert. Sie verliehen ihrer Befürchtung Ausdruck, die jetzige Novelle stelle praktisch ein generelles Bettelverbot dar.

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