Aufreger in TV-Talk

FPÖ kontra Kurz: „Viele Wiener flüchten aus Wien“

Österreich
08.05.2019 19:51

Ist in der politischen Debatte immer mehr erlaubt? Nach der sehr emotionalen Debatte über den von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) verwendeten Begriff „Bevölkerungsaustausch“ diskutierten die Gäste bei der „Krone“-TV-Talkshow mit Katia Wagner, was akzeptabel ist - und was nicht verbreitet werden sollte. Und bei einer Sache war man sich weitgehend einig: „Wir müssen mehr über Themen reden und weniger über Begriffe.“ Allerdings widersprach FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl in einem Punkt der Aussage von ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz, der meinte, er sehe keine von Strache beschriebene Entwicklung. „Viele Wiener flüchten schon aus Wien“, so Waldhäusl. Die Highlights sehen Sie oben im Video, den kompletten Talk zum Nachsehen gibt‘s hier!

„Wir gehen den Weg für unser Heimatland Österreich, den Kampf gegen den Bevölkerungsaustausch, konsequent weiter, wie es die Menschen von uns auch erwarten“ - mit dieser Aussage im „Krone“-Gespräch mit Conny Bischofberger hatte der Vizekanzler für ein innenpolitisches Beben gesorgt. Auf Anmerkung der Interviewerin, dass der Begriff „Bevölkerungsaustausch“ einer der rechtsextremen Szene sei, antwortete der Strache bestimmt: „Das ist ein Begriff der Realität.“ Man wolle nicht „zur Minderheit in der eigenen Heimat werden“. Das sei „legitim und redlich und zutiefst demokratisch“, solange es nicht mit Gewalt einhergehe.

„Der Kanzler hat nicht recht, wenn er sagt, das stimmt nicht"
Dass der Begriff, den sein Chef gewählt hatte, nicht ganz glücklich gewählt war, musste selbst NÖ-Landesrat Waldhäusl eingestehen, aber: „Manchmal ist es notwendig, eine Sache zu überzeichnen. Man diskutiert über Wortklaubereien und nicht über die Sache selbst.“ Zudem sei die Aufregung um den „Bevölkerungsaustausch“-Sager ein Beispiel dafür, dass immer nach etwas gesucht werde, was man diskutieren kann: „Der Vizekanzler hat gesagt, es ändert sich etwas im Land. Und der Kanzler hat nicht recht, wenn er sagt, das stimmt nicht.“

„Begriff ganz klar von Rechtsextremen besetzt“
Marina Hanke von der SPÖ sah das anders. „Der Begriff Bevölkerungsaustausch ist klar von Rechtsextremen besetzt. Es stecken eine klare Ideologie und ein Konzept dahinter - und das in einer Zeit, in der wir zahlreiche Vorfälle der FPÖ mit den Identitären haben.“ Als Politikerin habe sie „die Verantwortung, Maßnahmen zu setzen, dass sich gesellschaftliche Konzepte verbessern“. Doch „diese hasserfüllte Sprache, in der auch ein gewisses Menschenbild vorhanden ist“, sorge für schlechte Stimmung. Generell sei es wichtiger, über die Ängste der Menschen zu sprechen, und da erlebe sie, dass sich die Menschen mehr über leistbares Wohnen und Arbeitsplätze als über Zuwanderung Gedanken machen, so Hanke.

„Sprachliche Härte“ dem EU-Wahlkampf geschuldet?
Politikexperte Thomas Hofer sah die aktuelle „sprachliche Härte“ naturgemäß auch dem EU-Wahlkampf geschuldet. Selbige werde eingesetzt, um „zusätzlich zu emotionalisieren“. Hinter dem umstrittenen Sager von Strache sah er auch „innerparteilichen Druck“: „Da sollte wohl der Basis gezeigt werden, dass man immer noch prinzipientreu ist.“ Generell müsse man trennen zwischen dem Thema und den Begriffen: „Politiker verwenden Begrifflichkeiten nicht zufällig. Man meint etwas damit und will etwas auslösen. Der Begriff Bevölkerungsaustausch ist eine Verniedlichung des Begriffs Umvolkung. Aber es impliziert natürlich etwas und ist vollkommener Unsinn. Ich würde von solchen Begriffen die Finger lassen.“

„Die Leute trauen der Sprache und den Medien nicht mehr“
Jugendforscher und Sozialwissenschaftler Bernhard Heinzlmaier betonte, wer sich in die (politische) Diskussion begebe und dort - provokative - Aussagen tätige, der müsse auch mit der Antwort klarkommen: „Ich sehe weniger eine Verrohung der Sprache als einen ,Achtsamkeitskult‘. Man redet zu viel über Worte statt über die Sache. Die Bevölkerung hat aber nun einmal Ängste, und mit denen muss man umgehen. Wer in der Politik so empfindsam ist, sollte eher Yogakurse halten.“ Gleichwohl habe „die Sprache ihre Unschuld verloren“: „Die Leute trauen der Sprache und den Medien nicht mehr, weil sie das Gefühl haben, dass nur noch emotionalisiert wird.“

Sehen Sie die aktuelle Ausgabe unseres Talks mit Katia Wagner jeden Mittwoch um 19 Uhr hier auf krone.at oder um 22 Uhr auf n-tv. Sämtliche Ausgaben unseres Talk-Formats zum Nachsehen sowie Highlight-Videos finden Sie unter krone.at/brennpunkt.

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