"Loyaler Widerstand"

Laieninitiative: Gläubige sollen ungehorsam sein

Österreich
22.03.2010 12:33
Die römisch-katholische Laieninitiative in Österreich ortet - nicht nur wegen der jüngst bekannt gewordenen Missbrauchsfälle - eine "lebensbedrohliche Situation" für die Kirche und pocht deswegen auf eine umfassende Reform. Man rufe die Gläubigen auf, nicht auszutreten, sondern "loyalen Widerstand" durch "konsequenten Ungehorsam" zu leisten, meinte Obmann und Ex-Volksanwalt Herbert Kohlmaier (mi.) am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Die Situation werde durch die Missbrauchsfälle verschärft, die "nur ein Ausdruck, eine Wirkung eines prinzipiell nicht mehr funktionsfähigen Systems" seien.

Seit über einem Jahr trete die Laieninitiative für ihre Forderungen - etwa verheiratete Männer und Frauen als Priester oder eine Reform des Kirchenrechts, das derzeit den Menschenrechten widerspreche - ein, erklärte der stellvertretende Obmann Peter Pawlowsky. Bisher hätte sich aber nichts getan, obwohl man schon über 12.000 Unterstützer verzeichne, darunter auch Geistliche.

Die Kirche "erleidet permanent schweren Schaden", betonte Kohlmaier, es sei eine Leitung am Werk, die ihrer Aufgabe nicht gewachsen sei. Korrekturen gebe es aber nicht, da man behaupte, von Jesus eingesetzt worden zu sein - so entstehe aber Weltfremdheit und Realitätsverlust. Die Amtskirche argumentiere, dass sie den Laien keine Rechenschaft schuldig sei, auch Kritik sei verpönt, sagte Vorstandsmitglied Heribert Franz Köck (re.). Diese Auffassung sei aber "grundfalsch", die Herrschaftsformen hätten sich seit der Antike verändert und dies gelte auch für die Kirche.

Bei Heirat verjagt, bei Pädophilie versetzt
"Wenn ein Priester heiratet, wird er verjagt, wenn er sich an Kindern vergeht, wird er versetzt", dies zeige deutlich den Zustand der Kirche, kritisierte Kohlmaier. Die Reaktion der österreichischen Kirche auf die Missbrauchsfälle gehe am Wesentlichen vorbei, die Hauptprobleme seien Vertuschung und Verlogenheit. Die Fälle seien die Folge einer "falschen Grundstruktur", Offenheit und Kommunikation würden verweigert, die Vertuschung sei sogar über päpstliche Anordnungen empfohlen worden. Neben der grundsätzlichen Struktur müssten auch die kirchliche Hierarchie und das Verhältnis zur Sexualität geändert werden, ergänzte Pawlowsky.

Es gehe der Laieninitiative um das Wohl der Kirche, deshalb sei man verpflichtet, Widerstand zu leisten, so Kohlmaier. Man werde nun verstärkt um Unterstützer werben, diese könnten ihren Widerstand künftig auch durch Buttons, die ab Pfingsten zu allen kirchlichen Anlässen getragen werden sollen, öffentlich bekunden. Mittels Fragebögen will man Gläubigen außerdem die Möglichkeit geben, Bischöfe zu evaluieren. Auf der Homepage laieninitiative.at werde man weitere Empfehlungen zum "Ungehorsam" abgeben. Der Erfolg sei nicht garantiert, aber in kleinen Schritten wolle man Mut an der Basis machen, um früher oder später doch etwas zu erreichen.

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