Nach 400-Mann-Keilerei

Polizeigewerkschaft warnt vor Prügel-Influencern

Digital
25.04.2019 07:54

Wenige Wochen nach einer Massenschlägerei zwischen den Anhängern verfeindeter YouTube-Kanalbetreiber in Berlin hat die deutsche Polizeigewerkschaft vor Prügel-Influencern als neuer Gefahr für die öffentliche Sicherheit gewarnt und die Politik zum Handeln aufgefordert. Auch ein erfahrener Psychologe ruft die Zunft der Influencer zu mehr Verantwortungsbewusstsein auf.

21. März 2019 am Berliner Alexanderplatz. Rund 400 Anhänger zweier verfeindeter Kanalbetreiber auf YouTube treffen sich auf Geheiß ihrer Idole auf dem öffentlichen Platz - und gehen aufeinander los. Es gibt Verletzte, sieben Verhaftungen und 13 Ermittlungsverfahren. „Etwa 20 von ihnen rannten in den U-Bahnhof und sprangen ins Gleisbett, wo sie sich mit Schottersteinen bewarfen“, heißt es im Polizeibericht. Die Massenkeilerei wird von den Behörden immer noch aufgearbeitet.

„Gefahr für die öffentliche Sicherheit“
Für die Polizeigewerkschaft ist die Sache angesichts der Geschehnisse klar. Der Bundesvorsitzende Oliver Malchow spricht gegenüber der dpa von einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Es brauche Maßnahmen, um solche Eskalationen zu verhindern. Das „sollten die politisch Verantwortlichen nun ziemlich schnell angehen, damit noch der Anschluss an die sich schnell verändernde Online-Welt gehalten werden kann“.

Inszenierte Fehden wie bei Rappern
Wie es überhaupt zu solchen Massenkeilereien kommen kann, erklärt sich bei Betrachtung der Jugendkultur. So wie manch „Gangster-Rapper“ publikumswirksam den Streit mit einem anderen sucht und hofft, dadurch mehr Fans hinter sich zu scharen, tun das auch YouTube- „Stars“. Vor dem Zusammenstoß in Berlin hatte Bahar al Amood, einer der beiden YouTuber, seinem zum Feind auserkorenen Influencer-Kollegen „ThatsBekir“ noch angedroht, er werde „die Schläge seines Lebens kriegen“. Der inszenierte Streit lockte schließlich 400 junge Burschen auf den zentralen Platz in Berlin, auf den sie die Fäuste sprechen ließen.

Aufmerksamkeit um jeden Preis
Der Psychologe Peter Walschburger zur dpa: „Im Internet wird die Selbstinszenierung besonders wichtig, weil man sonst leicht im Überangebot der Informationen untergeht. Dies begünstigte eine extreme Selbstdarstellung, eine Gier nach Aufmerksamkeit um fast jeden Preis.“ Kombiniert mit der Rebellion gegen Autoritäten könne das schnell gefährlich werden. „Schon zu meiner Jugendzeit haben wir unglaublichen Unfug angestellt“, erinnert sich der 72-jährige Walschburger. Das Social-Media-Trommelfeuer, dem heutige Jugendliche ausgesetzt sind, begünstigt solche Dynamiken noch.

Influencer haben Vorbildwirkung
In Gruppen gibt es meist einen dominanten Akteur, dem die anderen - auch bei dummen Ideen - folgen. Eine Rolle, die im Influencer-Zeitalter YouTube-Kanalbetreibern wie „ThatsBekir“ und Bahar Al Amood zufällt, die dieser Verantwortung allerdings oftmals nicht gewachsen sind und ihre Macht über ihre Anhänger missbräuchlich einsetzen. Zusammenstöße verfeindeter YouTube-Gruppen sind dabei kein Einzelfall, wie vor rund einem Jahr die Belagerung des Hauses des YouTubers „Drachenlord1510“ im fränkischen Emskirchen mit 300 polizeilichen Platzverweisen zeigte.

Psychologe Walschburger appelliert deshalb an die Vernunft der Influencer: „Heutzutage ist eigentlich niemand mehr ganz naiv, wenn er Botschaften hochlädt oder Aufrufe startet. Er oder sie wissen in der Regel, was sie damit anrichten können.“

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