Ennstaler Bergschecken

Zu Gast bei tot geglaubten „Ursteirern“

Steiermark
23.04.2019 20:00
Schneller, höher, weiter: Das war jahrzehntelang die Devise bei der Viehzucht. Die Ennstaler Bergschecken wären diesem „Massen-Wahn“ fast zum Opfer gefallen, galten sogar als ausgestorben. „Krone“ und Servus TV plauderten mit dem Ramsauer Bauern und Tierarzt Matthias Brandstätter, der die Rinderrasse am Heimathof kultiviert – und von ihren glänzenden Qualitäten schwärmt.

„Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.“ Ob die „dickschädlerten“ obersteirischen Bauern an diesen unsterblichen Satz von Bert Brecht dachten, als sie sich in den 1960ern und 1970ern den Behörden widersetzten, sei dahingestellt. „Die Agrarmanager wollten Hochleistungs-Rinder, die viel Milch und Fleisch gaben“, erklärt Matthias Brandstätter. „Einige Bauern haben sogar Strafe gezahlt, weil sie trotzdem mit nicht gekörten (nicht zur Zucht freigegebenen, Anm.) Bergschecken-Stieren gearbeitet haben.“

Rasse galt bereits als ausgestorben
1986 galt die mehr als 3000 Jahre alte Rinderrasse, deren Fleisch einst sogar bis nach London exportiert wurde, schon als ausgestorben. Aber eine Hand voll Bauern rettete die relativ zierlichen Tiere mit der „fuchsroten“ Grundfarbe und den weißen „Abzeichen“ vor dem Untergang.

Vier unverwandte Bestände gab es in den 1990ern noch, mit weniger als 100 Tieren. Heute gibt es wieder rund 1000 Bergschecken und 73 Mitglieder in der Züchtervereinigung. Die Pioniere waren allesamt Steirer: Familie Lassacher aus Mariahof (Neumarkt), Familie Fussi aus Oberwölz, Laura Bacher aus Gössenberg (Aich) oder „Labonca“-Erfinder Norbert Hackl aus Burgau. 2016 ging sogar der Bundestierschutzpreis an die Bergschecken-Retter.

Gesunde Rinder sind „schlechte Klienten“ für den Tierarzt
„Für mich als Tierarzt sind die Bergschecken schlechte Klienten, weil sie so gesund sind“, scherzt Brandstätter. Als der heute 58-Jährige 1995 vom Studium aus Wien heimkehrte, stellte er den elterlichen Marhalterhof in Ramsau am Dachstein auf Bio um und entdeckte bald seine Freude an alteingesessenen Rassen. „2006 hab’ ich dann von Laura Bacher in Gössenberg, deren 23 Jahre alte Kuh ,Baronin‘ schon 17 Kälber geworfen hatte, eine Bergschecken-Kalbin gekauft.“

24 Stück sind es mittlerweile, die in Mutterkuhhaltung am Marhalterhof leben – aber nur in den kühleren Monaten: Ihren ersten Sommer verbringen alle Kälber im „Beef Kindergarten“ auf der Schlitzenalm am Fuß des Dachstein. Später machen Jungkalbinnen und Ochsen ihre „Beef Matura“ auf der Grafenbergalm.

Tiere sind weder unterwürfig noch aggressiv
Dort, auf 1800 Metern Seehöhe, wächst laut Brandstätter ein ganz besonderes Fleisch. „Es ist feinfaserig und leicht marmoriert. Und es enthält dreimal mehr ungesättigte Fettsäuren als konventionelles Rindfleisch, fast wie Fisch.“

Das sei sehr gesund, schwärmt der Doktor – der zudem betont, dass Wanderer, sofern sie nicht leichtsinnig mit Hunden an Mutterkühe geraten, vor Bergschecken keine Angst haben müssen: „Es sind schöne, selbstbewusste Tiere“, so Brandstätter liebevoll. „Nicht unterwürfig, aber auch nicht aggressiv.“

Servus TV zeigt am Freitag (20.15 Uhr) in „Heimatleuchten“ unter anderem ein Porträt des Bergschecken-Züchters, Landwirts und Tierarzts Matthias Brandstätter.

Matthias Wagner
Matthias Wagner
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