Spannung vor EU-Wahl

Nach Finnland: Europas Rechte auf dem Vormarsch

Ausland
15.04.2019 13:33

Rechtspopulistische Parteien in Europa sind im Aufwind. Das haben nicht zuletzt die Parlamentswahlen in Finnland am Sonntag wieder bewiesen, wo die Partei Die Finnen knapp hinter den Sozialdemokraten auf Platz zwei landete (siehe Video oben) - ein Vorgeschmack auf die bevorstehende EU-Wahl im Mai, bei der den rechten Parteien teils starke Zugewinne prognostiziert werden. Politbeobachter vertreten sogar die Meinung, dass bei der Europawahl der Fortbestand der EU in der jetzigen Form auf dem Spiel steht.

Der FPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Harald Vilimsky, freute sich über den zweiten Platz der „Finnen-Partei“. Das Ergebnis sei „sensationell“, „wenn man bedenkt, dass die Partei nach der Abspaltung des Regierungsflügels ums Überleben kämpfen musste und vor Kurzem in den Umfragen noch im einstelligen Bereich lag“, meinte Vilimsky in einer Aussendung.

Salvini: „Wir werden Europa ändern“
In dieselbe Kerbe schlug der italienische Innenminister Matteo Salvini. „Bei den EU-Parlamentswahlen werden wir Europa ändern“, betonte der Chef der rechten Regierungspartei Lega auf Twitter.

Mit rechtspopulistischer Wahlallianz wäre Platz zwei bei Europawahl möglich
Olli Kotro, Spitzenpolitiker der Finnen-Partei, hatte vor einer Woche mit Salvini in Mailand die rechtspopulistische Wahlallianz für die EU-Parlamentswahlen „Europäische Allianz der Völker und Nationen“ vorgestellt, die zur stärksten Fraktion im EU-Parlament avancieren will. Rund zehn Bewegungen und Parteien - darunter auch die FPÖ - wollen sich laut Salvini der Wahlallianz anschließen. Sowohl mit der Fidesz-Partei des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban als auch mit Spaniens Vox-Partei, die seit den Regionalwahlen vom Dezember im Regionalparlament von Andalusien vertreten ist, sind noch Gespräche im Gang.

Die Europawahl wirft also schon längst ihre Schatten voraus. Die Frage stellt sich: Können die Rechtspopulisten noch gestoppt werden? Glaubt man den Umfragen, so könnte eine gemeinsame Allianz der rechten Parteien die Sozialdemokraten vom zweiten Platz verdrängen. Von einem großen Zusammenschluss sind die teilweise verfeindeten Parteien allerdings noch weit entfernt. Zu groß sind dafür noch die Differenzen - etwa in der Frage des geeinten Europa.

Le Pen: „Möglichkeit, EU zu verändern“
Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen (Rassemblement National) beschwor in der Vorwoche dennoch einen großen Zusammenschluss der Rechtspopulisten im EU-Parlament. „Die Rechtsparteien haben zum ersten Mal die Möglichkeit, die EU von innen zu verändern. Deshalb sollen wir alle unsere Kräfte bündeln.“ Was die Parteien eint, ist traditionell ihre ausländerfeindliche Politik und ihre EU-Skepsis. Die Flüchtlingskrise verschafft ihnen weiteren Zulauf. „Würden die Parteien der Rechtsfraktionen im EU-Parlament zusammenarbeiten, würden sie bereits den zweiten Platz einnehmen“, analysierte der Leiter des Verbindungsbüros des Europäischen Parlaments in Österreich, Georg Pfeifer, im Februar für die „Presse“.

Hier ein Überblick über EU-Länder, in denen die Rechtsparteien im Vormarsch sind:

Österreich: Unter Heinz-Christian Strache gelang der FPÖ ein politisches Comeback, das im Jahr 2016 bei der Bundespräsidentenwahl in einem international viel beachteten Ergebnis von 46,2 Prozent für Norbert Hofer gipfelte. Bei der Nationalratswahl im Herbst 2017 kam sie auf knapp 26 Prozent der Stimmen. Das ist aktuell der höchste Stimmenanteil einer rechtspopulistischen Partei in einem EU-Staat. Umfragen sehen die FPÖ bei der EU-Wahl bei 22 Prozent.

Italien: Die Lega (vormals Lega Nord) ist die bedeutendste rechtspopulistische Partei Italiens. Sie war in den 1990er- und 2000er-Jahren an mehreren Regierungen des konservativen Ex-Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi beteiligt. Seit der Parlamentswahl im März, bei der sie 17,4 Prozent erreichte, ist sie gemeinsam mit der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung in Regierungsverantwortung. Lega-Chef Salvini hält seither als Innenminister und Vize-Regierungschef die EU mit einer harten Haltung in der Flüchtlingspolitik in Atem. In Umfragen für die Europwahl liegt die Lega derzeit mit 36 Prozent als stärkste Einzelpartei des Landes klar voran.

Frankreich: Marine Le Pens rechtspopulistischer Rassemblement National (RN) liefert sich in den jüngsten EU-Wahl-Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Präsident Emmanuel Macrons En Marche. 2014 war Le Pens Partei, damals noch als Front National (FN), bei der EU-Wahl stärkste Partei geworden. Bei der Präsidentenwahl 2017 zog Le Pen in die Stichwahl um das Präsidentenamt ein. Zum erhofften Kopf-an-Kopf-Rennen mit Macron kam es nicht, doch 33,9 Prozent der Stimmen bedeuteten ein historisches Ergebnis und mehr als eine Verdoppelung des Stimmenanteils ihres Vaters Jean-Marie im Jahr 2012. Bei der Parlamentswahl im Juni 2017 blieb der FN unter den Erwartungen und büßte leicht auf 13,2 Prozent der Stimmen ein.

Polen: Die klassischen Themen von rechtspopulistischen Parteien werden von der rechtskonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski gut abgedeckt, die seit 2015 mit absoluter Mehrheit in Warschau regiert. Bei der EU-Wahl kann die PiS mit knapp 40 Prozent rechnen.

Niederlande: Die Freiheitspartei (PVV) des Rechtspopulisten und Islamgegners Geert Wilders bestimmt seit 2003 die politische Agenda der Niederlande mit. Nachdem sie bei den Parlamentswahlen 2010 drittstärkste Kraft im Parlament geworden war, versuchte sie der rechtsliberale Premier Mark Rutte als Mehrheitsbeschafferin für sein Kabinett politisch zu entzaubern. Der Versuch schlug fehl und endete in vorgezogenen Parlamentswahlen 2012. Bei der Parlamentswahl im März 2017 scheiterte die PVV an den hohen Erwartungen: Nachdem sie in den Umfragen monatelang auf dem ersten Platz gelegen war, landete sie mit 13,1 Prozent klar hinter Ruttes VVD, die im Endspurt mit einem Konfrontationskurs gegen die Türkei viele Wähler mobilisiert hatte.

Deutschland: Im bevölkerungsreichsten EU-Staat mischt die AfD (Alternative für Deutschland) das rechte Polit-Spektrum auf. Bei der Bundestagswahl 2017 gab es auf Anhieb 12,6 Prozent. Gegründet wurde die AfD im Jahr 2013 von Christdemokraten, die mit der Euro-Politik von Kanzlerin Angela Merkel unzufrieden waren. Die AfD spaltete sich, der rechte Flügel übernahm das Ruder und richtete die Partei in der Flüchtlingskrise als stramm ausländerfeindliche und EU-kritische Partei aus. In den Umfragen zur EU-Wahl liegt die AfD zwischen zehn und zwölf Prozent.

Dänemark: Die Dänische Volkspartei (DF) hat seit den 1990er-Jahren einen rasanten Aufstieg erlebt und treibt sowohl linke als auch rechte Regierungen politisch vor sich her. Seit den Parlamentswahlen 2015 toleriert sie eine Minderheitsregierung der rechtsliberalen Venstre von Lars Lökke Rasmussen, obwohl sie mit 21,1 Prozent der Stimmen vor der Regierungspartei gelandet war. Die DF lehnte einen Regierungseintritt ab, um ihre Wahlchancen intakt zu halten. Unter dem Einfluss der DF verschärfte Dänemark seine Ausländer- und Einwanderungspolitik massiv und ging auch auf Distanz zu weiteren Integrationsschritten in der EU. Bei der Europawahl 2014 legte die DF mehr als zehn Prozentpunkte zu und wurde erstmals in ihrer Geschichte stärkste Partei bei einer nationalen Wahl.

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