"Sie war Spielzeug"

Mit Nichte (13) untergetaucht: Sechs Jahre Haft

Wien
18.03.2010 12:00
Jener 38-jähriger Wiener, der 2008 in der Bundeshauptstadt für eineinhalb Jahre mit seiner Nichte untergetaucht war und mit der damals 13-Jährigen eine "Liebesbeziehung" unterhalten haben soll, ist am Mittwoch im Straflandesgericht zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. "Sie war ihm in gewisser Hinsicht ausgeliefert. Er hat das ausgenützt. Sie war sein Spielzeug", erklärte Richter Norbert Gerstberger in der Urteilsbegründung. Da die Staatsanwältin keine Erklärung abgab, ist die Strafe noch nicht rechtskräftig.

Bei der Strafbemessung wurde die im Wesentlichen geständige Verantwortung des Angeklagten mildernd gewertet. Der Onkel hatte sich zum schweren sexuellen Missbrauch, der Kindesentziehung und des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses schuldig bekannt. Dem standen laut Gerstberger "beachtliche erschwerende Umstände" gegenüber, sodass sich der Schöffensenat bei einem Strafrahmen von bis zu zehn Jahren am oberen Bereich der Strafgrenze orientierte. Konkret führte der vorsitzende Richter das Ausnützen der Hilflosigkeit des Opfers ins Treffen. Es liege "ein exemplarischer Fall von sexuellem Missbrauch über einen langen Zeitraum" vor, sagte Gerstberger.

10.000 Euro Strafe zur Wiedergutmachung
Darüber hinaus wurde der Onkel schuldig erkannt, dem Mädchen 10.000 Euro an Wiedergutmachung zu bezahlen. Mit ihren weitergehenden Forderungen - die Nichte hatte insgesamt 50.000 Euro verlangt, "weil sie ihr Leben lang psychisch beeinträchtigt sein wird", wie ihre Rechtsvertreterin deponierte - wurde die mittlerweile 15-Jährige auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Wie die Verhandlung, die zum Schutz des Opfers weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, zeigte, dürfte der Onkel die tristen familiären Verhältnisse des Mädchens gezielt zu seinem Vorteil genützt haben. Die 13-Jährige riss Anfang 2008 von zu Hause aus, da sie mit ihrer Mutter nicht klar kam und unter dem zum Alkohol neigenden Lebensgefährten der Frau litt. Der Angeklagte "hat ihr geholfen, sich den Eltern zu entziehen. Ihr Dilemma war, dass sie nicht zurück, aber auch nicht ins Kriseninterventionszentrum wollte", hielt die Staatsanwältin in ihrem Schlussvortrag fest.

Mit Nichte von Wohnung zu Wohnung gezogen
Die Kleine zog stattdessen mit dem Onkel, der keiner geregelten Beschäftigung nachging, von Wohnung zu Wohnung, die ihm Bekannte zur Verfügung stellten. Ihre Lebensumstände waren katastrophal. In der Bleibe, in der die beiden die meiste Zeit verbrachten, gab es kein Warmwasser und keinen Strom. Die Mahlzeiten wurden mit einem Camping-Kocher zubereitet. Das Mädchen bekam auch keine neuen Kleider. Sie musste die alten Sachen des großen, fülligen Mannes tragen.

Laut der Verteidigerin fühlte sich das Kind "einige Zeit geborgen. Dann hat das Ganze eine Eigendynamik bekommen." Ihr Mandant sei von Anfang an schuldeinsichtig gewesen: "Bei seiner Festnahme hat er gleich gesagt, er hat das gemacht und ist jetzt fällig." Schuster bat um ein mildes Urteil, weil es dem Mann nicht möglich gewesen sei, "aus dem Teufelskreis auszubrechen".

Reifeprozess bei 13-Jähriger verzögert eingesetzt 
Der 38-Jährige dürfte seine Nichte unter ziemlichen psychischen Druck gesetzt haben, um von ihr nicht verlassen zu werden. Diese wurde zwar nicht gefangen gehalten, musste aber damit umgehen, dass ihr der Mann wiederholt Liebesgeständnisse aufnötigte und ihr ein Kettchen schenkte, auf dem "Ich liebe dich" stand. Bei der Kleinen handelte es sich laut psychiatrischem Gutachten um ein Mädchen, bei dem der üblicherweise mit der Pubertät einhergehende Reifeprozess verzögert eingesetzt hatte. Sich gegen die Wünsche und Begehrlichkeiten des Erwachsenen zur Wehr zu setzen, dürfte ihr demnach unmöglich gewesen sein.

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